Lipps Bedeutung für den russischen Propagandaapparat wuchs nach Beginn des Krieges schnell. Mit oder ohne Thomas Röper tauchte sie bei einem Referendum in den besetzten Gebieten auf, bei Terminen der Bürgerkammer in Moskau und beim Treffen der internationalen Russophilen-Bewegung. Gemeinsam lächeln sie auf einem Foto mit Außenminister Sergej Lawrow. Zwischenzeitlich sind beide auch Mitgründer einer Organisation, die Menschen aus „feindseligen Ländern“ nach Russland locken soll – angeführt von Maria Butina, in den USA verurteilte Spionin, die heute Duma-Abgeordnete und Putins Frau für Zuwanderung aus dem Westen ist. Lipps Abonnentenzahl auf Telegram wuchs zunächst stark und stagniert inzwischen bei 180.000. Ihren Followern liefert sie täglich mehrere Postings auf Russisch und Deutsch, die auch von anderen Kanälen geteilt werden.
Jetzt sorgen sich Lipp und Röper wegen der Sanktionsliste um ihre Kanäle. Werden sie als Folge zeitnah gesperrt – ganz oder zumindest für Nutzer aus der EU? Lipp war schon mal auf X gesperrt, ihr Account ist inzwischen aber wieder aktiv. Sie deutete bereits an, dass es eine technische Lösung gebe, mit der Nutzer aus der EU eine Sperrung ihres Telegram-Kanals umgehen könnten. Röper, der auch auf YouTube ist, setzt auf andere Plattformen und mögliche Auftritte bei Kanälen anderer, „wenn dann nicht alles gesperrt wird“.
Lipp sagte, der Schritt habe sie nicht geschockt. Sie rechne aber noch mit einer anderen Konsequenz: „Uns als deutschen Bürgern wird die Einreise nach Deutschland verboten, das muss man erst mal sacken lassen.“ Ob ein Einreiseverbot infolge der Sanktionen auch für EU-Bürger gilt, ist allerdings noch nicht bestätigt. Nicht-EU-Bürger auf der Liste dürfen tatsächlich nicht mehr innerhalb der EU reisen. Eine Sprecherin des Europäischen Rats* konnte auf Anfrage von t-online zunächst nicht sagen, ob auch das für Lipp und Röper mit der Einstufung verbunden ist. Entsprechende Pläne hegen sie ja allerdings nach eigener Aussage ohnehin nicht.
Deshalb ist auch unklar, worauf genau das rechtsextreme „Compact“-Magazin sich bezieht. Dessen Chef Jürgen Elsässer sagt in einem Solidaritätsvideo, die Aufnahme in die Sanktionsliste bringe „viele Grausamkeiten“ mit sich. Im Juli 2024 hatte das Bundesinnenministerium „Compact“ verboten, doch das Magazin wehrte sich juristisch dagegen und darf vorerst weiter veröffentlichen. Im Juni verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über das Verbot. Im Video kommen auch Querdenken-Gründer Michael Ballweg und der verschwörungsideologische Blogger Ken Jebsen zu Wort.
Das zeigt, wie gut die Szene vernetzt ist. Ein „Compact“-Mitarbeiter, der früher für den russischen Auslandssender RT gearbeitet hat, ist regelmäßiger Co-Moderator in Beiträgen bei Röper. Lipp stand bei der größten Querdenken-Demo im August 2020 hinter der Bühne. Ein in Deutschland lebender Russe, der mit Lipp zusammen ein YouTube-Fomat hatte, war auch mit Ken Jebsen auf der Krim.