Erdbeben, aufsteigendes Magma, tektonische Spannungen – warum ein Vulkanausbruch in Deutschland jederzeit möglich ist.
Deutschland gilt nicht gerade als Hotspot für Vulkane – doch tief unter der Eifel brodelt es. Geophysikalische Messungen zeigen: Magma steigt aus dem Erdmantel auf, die Erdkruste hebt sich langsam. Könnte es also zu einem plötzlichen Ausbruch kommen? Der Experte für Vulkanismus und Tektonik, Ulrich C. Schreiber, erklärt im Gespräch mit t-online, welche Kräfte hierbei eine Rolle spielen und warum ein Vulkanausbruch in der Eifel nur eine Frage der Zeit ist.
t-online: Wenn man an Vulkane denkt, kommen einem der Cumbre Vieja auf La Palma oder der Ätna in den Sinn. Aber auch in Deutschland gibt es Vulkane – wo sind sie zu finden?
Schreiber: In Deutschland gibt es zwei Hauptgebiete, die geologisch als vulkanisch aktiv gelten: die Eifel und das Vogtland. Mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit gibt es auch eine Zone nördlich des Bodensees, die aufgrund geophysikalischer Untersuchungen ins Blickfeld gerückt ist.
Im Raum zwischen Stuttgart und dem Bodensee gibt es geologische Besonderheiten: Hier unterscheidet sich der Erdmantel leicht von den Nachbarregionen, und eine sogenannte Scherzone löst Spannungen in der Erdkruste aus. Diese Zone gehört zu den erdbebengefährdeten Gebieten Deutschlands – und könnte sogar Wege für Magma öffnen, falls sich tief unter der Oberfläche einmal genug davon bildet, so wie es vor Millionen Jahren in den Vulkanfeldern von Urach und Hegau schon einmal passiert ist. Doch dafür braucht es auch das richtige Zusammenspiel von tektonischer Aktivität und Veränderungen im Erdmantel.
Wie sieht die vulkanische Aktivität in der Eifel aus?
Die Eifel besteht aus zwei klar unterscheidbaren Vulkanregionen. In der Westeifel dominieren Schlackenkegel und Maarvulkane. Die Osteifel hingegen hat eine andere Dynamik: Neben vergleichbaren Vulkanen wie in der Westeifel kam es hier in der Vergangenheit zu explosiven Ausbrüchen, die in kurzer Zeit große Mengen Material freisetzten.
Entscheidend für den Vulkanismus ist nicht nur Magma, sondern auch Wasser und Gase. Besonders sogenannte überkritische Fluide – Wasser und CO₂ unter extremem Druck – spielen eine Schlüsselrolle. Diese Substanzen sind hochmobil, dringen in kleinste Risse ein und können die Erdkruste aufbrechen. Trifft dann Wasser auf glühend heißes Magma, entsteht eine explosive Mischung, die Krater aus dem Boden sprengen kann.
Video | Aktivitäten in Eifel beobachtet: Hier liegen Deutschlands Vulkane
Wie kann man sich das vorstellen?
Bei diesem geologischen Prozess spielt die Dehnung eine entscheidende Rolle. Dabei wird die Erdkruste erst eingeengt und dann gedehnt, bis sie aufreißt. Bildlich kann man sich das vorstellen wie eine Tomate, die man zwischen zwei Fingern zusammendrückt: Sie wird zwar gequetscht, aber gleichzeitig dehnt sie sich in der Mitte – bis sie platzt.
Auch in der Osteifel, besonders im Neuwieder Becken, gibt es solche Dehnungseffekte. Hier treten neben der Haupteinengung in Nordwest-Südost Richtung lokal Zugspannungen auf. Dadurch entstehen Zonen, in denen aufsteigendes Magma nicht einfach zur Oberfläche durchbrechen kann. Stattdessen sammelt es sich in Kammern – vergleichbar mit einem Gartenschlauch, der an einer weichen Stelle eine Beule bildet, in der sich immer mehr Wasser sammelt.
Über die Zeit verändert sich die Zusammensetzung des Magmas in diesen Kammern: Es wird explosiver, weil sich bestimmte Bestandteile konzentrieren. Irgendwann baut sich so viel Druck auf, dass es zu gewaltigen Ausbrüchen kommt. Die Folgen sieht man bis heute: Die riesigen Krater des Wehrer Kessels oder des Laacher Sees sind Zeugnisse dieser Prozesse.
Ulrich C. Schreiber (* 1956 in Osterode am Harz), pensionierter Professor für Allgemeine Geologie der Universität Duisburg-Essen, wo er fast 26 Jahre lang arbeitete und lehrte. Seine Arbeitsgebiete sind Entstehung des Lebens, die Regionale Geologie von Mitteleuropa, Vulkanismus und Tektonik sowie die Geoökologie. 2003 entdeckte er einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten hügelbauender Waldameisen und gasführenden tektonischen Bruchzonen der Erdkruste.
Diese besondere Tektonik erklärt also, warum die Osteifel eine andere vulkanische Landschaft hat als die Westeifel – und warum hier besonders große Explosionen möglich waren. Welche tektonischen Kräfte spielen hier eine Rolle?