Auf Sylt ist es zu einem rassistischen Vorfall gekommen. In einem Lokal brüllen zahlreiche augenscheinlich junge Erwachsene Parolen wie „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“.
Rassistische Gesänge zum Party-Hit „L’amour Toujours“ von Gigi D’Agostino auf der Nordseeinsel Sylt haben bundesweit Empörung ausgelöst. In der kurzen Sequenz, die in sozialen Medien verbreitet wurde, sind junge Menschen tanzend vor dem Club Pony zu sehen. Der Vorfall ereignete sich offenbar am Pfingstwochenende.
In der nur wenige Sekunden langen Aufnahme, die seit Donnerstag in den sozialen Medien viral geht, grölen junge Männer und Frauen zur Melodie des Party-Hits „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“. Das Video zeigt außerdem, wie ein Mann mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart andeutet.
Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Das Pony im Nobel-Urlaubsort Kampen distanzierte sich in der Nacht von den Gästen und kündigte Konsequenzen an. Die Betreiber des Lokals erklärten auf Instagram zu dem Video, sie seien „tief schockiert“. „Wir distanzieren uns von jeder Art von Rassismus und Diskriminierung.“ Auch zahlreiche Politiker äußerten sich zu dem Vorfall.
Politiker reagieren entsetzt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilte den Vorfall. „Wer Nazi-Parolen wie ‚Deutschland den Deutschen – Ausländer raus‘ grölt, ist eine Schande für Deutschland“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Es stelle sich die Frage, „ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen tritt.“ Die Frage sei auch, welches hasserfüllte Klima solche Leute dazu ermutige, sich so abgrundtief rassistisch in aller Öffentlichkeit zu äußern.
„Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben“, forderte die Ministerin. Rassisten müssten neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen überall – im Freundeskreis, bei der Arbeit, im Sport – lauten Widerspruch erfahren. „Es ist wichtig, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten gegen solchen Menschenhass“, rief Faeser zur Zivilcourage auf.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es sei wichtig, dass die schleswig-holsteinische Polizei ermittle, auch müsse die Echtheit des Videos geprüft werden. „Klar ist jedenfalls: Was man da sehen und hören kann, ist zutiefst rassistisch, ist zutiefst menschenverachtend.“ Der Sprecher betonte, der Inhalt des Videos widerspreche allem, wofür Grundgesetz und Menschenwürde stünden.
Mitglieder der Landesregierung verurteilen Vorfall
Auch Mitglieder der schleswig-holsteinischen Landesregierung äußerten sich entsetzt. Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Das ist kein dummer Jungenstreich, sondern schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute auf offener Bühne. Widerwärtig und ekelhaft. Schämen sollten sie sich! Jetzt müssen strafrechtliche Ermittlungen folgen“.
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte: „Die Bilder dieser Party, auf der ausländerfeindliche Parolen gegrölt wurden, widern mich an“. Die Bilder seien „ein Zeichen von Wohlstandsverwahrlosung“. In Schleswig-Holstein sei kein Platz für Ausländerfeindlichkeit. „Ich freue mich, dass die Bar, in der diese Videos gemacht wurden, die Polizei bei den Ermittlungen unterstützt und den Grölenden Hausverbot erteilen will.“
Antidiskriminierungsbeauftragte: „Das ist blanker Rassismus“
Auch die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, verurteilte den Vorfall mit rassistischem Gegröle scharf. „Diese unverhohlene ‚Ausländer-raus-Stimmung‘ erleben wir auch in unserer Beratung, Menschen werden diskriminiert und herabgewürdigt“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
„Das ist blanker Rassismus, der sich immer weiter in alle Milieus und Altersgruppen hineinfräst und offen ausgelebt wird“, erklärte Ataman. „Die Bilder stammen offenbar nicht aus einer Nazikneipe, sondern einer Nobelbar in Sylt. Rassismus darf aber in Deutschland nie wieder zum Normalfall werden.“ Sie begrüßte die Aufnahme polizeilicher Ermittlungen. „Das darf nicht folgenlos bleiben.“