RTL stand mit seinem Quadrell unter Druck – und hielt Stand. Warum die TV-Debatte trotz Dschungelcamp-Irritationen und Jauch-Fauxpas gelungen ist.
Es wurde „Mensch ärgere dich nicht“ und „Wer wird Millionär?“ gespielt. Es wurde über das Dschungelcamp gesprochen und über einen Bierdeckel gelacht. Was klingt, wie ein illustrer Spieleabend, war der von RTL veranstaltete TV-Vierkampf zwischen Olaf Scholz, Robert Habeck, Friedrich Merz und Alice Weidel. Sosehr es zuvor Zweifel daran gab, dass ein Konzept mit gleich vier Spitzenkandidaten in einer Diskussionsrunde aufgehen kann, sosehr steht danach fest: Ganz im Gegenteil, es geht nicht nur, es ist sogar ein Gewinn.
Eine Woche vor der Bundestagswahl bekamen Zuschauer alle vier Kanzlerkandidaten von SPD, Union, Grünen und AfD in einer TV-Runde zu sehen. Sie stritten, lachten und tauschten Argumente aus. Über die Migration, zur Wirtschafts- und Finanzpolitik, zum Ukraine-Krieg oder zur Rentenpolitik: Viele der zentralen politischen Themen kamen dabei auf den Tisch.
Dass in einer zweistündigen Sendung mit vier Politikern auch einige Bereiche weniger diskutiert werden, das gab Moderator Günther Jauch im Gespräch mit seiner Kollegin Pinar Atalay zu: „Bildung kam zu kurz, die Pflege kam zu kurz“, sagte er im Anschluss an das Quadrell und begründete das mit einer „ganz eigenen Dynamik“, die solche Debatten annehmen würden.
Recht hat er. Es war sicher nicht alles perfekt, aber die Dynamik tat der Sache gut. Als es um den Ukraine-Krieg ging, fuhr Friedrich Merz dermaßen aus der Haut, dass er Alice Weidel attackierte: „Sie haben einen verräterischen Satz gesagt. Wir sind nicht neutral, sondern stehen fest an der Seite der Ukraine.“ Weidel warf er prorussisches Verhalten vor. „Das ist der Grund, warum ich alles dafür geben werde, dass Sie niemals in Regierungsverantwortung kommen“, so Merz.
- Wer hat das TV-Quadrell gewonnen? Die Blitz-Analyse
Es war ein konfrontativer Kurs, der im TV-Duell von ARD und ZDF noch gefehlt hatte: Dort standen sich vor einer Woche nur Olaf Scholz und Friedrich Merz gegenüber. Mit der Erweiterung auf vier Kandidaten kam mehr Leben und die von Jauch erwähnte Dynamik in die Runde. Robert Habeck nutzte seine Chance etwa und warf der Union vor, ihr Wirtschaftsprogramm sei „Voodoo-Ökonomie“. Der Grünen-Politiker urteilte: „Politik für die, die es haben oder für die, die es brauchen?“ Bei Union und AfD profitierten die Reichen, bei den Grünen und der SPD die Menschen mit unteren Einkommen, so Habeck.
RTL stoppte die Zeit und versuchte, allen vier Kandidaten gleiche Redeanteile einzuräumen: Am Ende führte der Bundeskanzler mit leichtem Abstand, gefolgt vom Oppositionsführer Merz. Habeck und Weidel landeten fast auf die Sekunde genau auf Platz drei und vier. Bei den Schlussrunden, in denen alle jeweils 60 Sekunden eingeräumt bekamen, war Olaf Scholz schon 15 Sekunden vor Ende mit seiner Rede fertig, Weidel legte eine Punktlandung hin, Merz und Habeck überzogen leicht.
Alles in allem ging es fair zu – für Alice Weidel und die AfD dürfte es kaum Anhaltspunkte geben, die Debatte als einseitig zu diskreditieren, auch wenn der Block SPD, Grüne und Union immer wieder geeint gegen die Alternative für Deutschland argumentierte. Nicht nur beim Ukraine-Krieg wurde das deutlich, sondern auch bei der Energie- und Wirtschaftspolitik. „Sie wollen Gas einkaufen und es den Leuten schenken“, warf Olaf Scholz an einer Stelle Weidel vor und teilte gegen die AfD-Kandidatin aus: „Von Ihnen kommt nur heiße Luft.“
Dennoch wird es nach dieser Sendung einige Leute geben, die sich an der Verspieltheit von RTL aufhängen und dem Sender vorhalten, mit vermeintlich belanglosen Fragen dem Ernst der Lage nicht gerecht geworden zu sein. So fragten die Moderatoren Jauch und Atalay die vier Politiker etwa in einer Schnellfragerunde: „Dschungelcamp oder Opposition?“ Ein augenzwinkernder Moment, der einen fernsehtauglichen Effekt produzierte: verdutzte Politgesichter. Es war ein kleiner Schmunzler, ohne großen Mehrwert – aber mit einer unterhaltenden, leichten Note.