Mehrere Erdbeben haben Los Angeles erschüttert. Nun wächst die Sorge vor einem katastrophalen Erdbeben. Ein Experte stellt eine düstere Prognose auf.
Eingestürzte Autobahnbrücken, zerstörte Gebäude und sichtbare Risse durch eine ganze Stadt: Das sogenannte Northridge-Erdbeben erschütterte die amerikanische Millionenmetropole Los Angeles 1994 mit einer Stärke von 6,7 auf der Richterskala schwer. 60 Menschen starben, über 9.000 wurden verletzt und der Schaden betrug 20 Milliarden US-Dollar (etwa 17,9 Milliarden Euro). Gleich mehrere Erschütterungen in den vergangenen Tagen und Wochen bereiten nun neuerliche Sorgen.
Zuletzt trafen drei Erdbeben mit der Stärke 3,7, 1,7 und 2,8 am 16. September die Stadt Malibu nur wenige Kilometer von Los Angeles entfernt. Dabei wurde niemand verletzt. Ebenso wenig war dies bei Erschütterungen im August (Stärke 4,4), die eine t-online-Redakteurin miterlebte, und im Juni der Fall (3,4). Doch das beruhigt die Bewohner wenig. Stattdessen stellen sie sich die Frage: Kommt jetzt das Mega-Beben?
Marco Bohnhoff, Professor und Geophysiker am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam, geht davon fest aus, wie er t-online sagt: „Es kann jederzeit ein Starkbeben eintreten.“ Das hätte dann mindestens eine Magnitude von 7 – und wäre damit stärker als die katastrophalen Erschütterungen von 1994. Die neuen Erdbeben seien dabei nicht überraschend: „Sie sind ein Weckruf“, warnt der Experte.
Doch warum sind diese Naturereignisse keine Überraschung? Das liege an zwei Erdplatten, der nordamerikanischen und der pazifischen, die entlang der kalifornischen Küste aufeinandertreffen – rund um die Uhr: „Dadurch wird immer mehr Energie ins System reingegeben“, so Bohnhoff. Es staue sich dadurch Spannung an den Plattengrenzen auf. Je länger das passiere, desto gewisser sei eine schwere Erschütterung. Im konkreten Fall in Kalifornien sei es nur eine Frage der Zeit, so der Experte: „Die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 30 Jahren in Kalifornien ein Erdbeben der Magnitude sieben oder größer auftritt, liegt bei 99 Prozent.“
Bei einer Magnitude von 8 verschiebe sich etwa die Erdkruste auf einer Länge von 400 Kilometern innerhalb von Sekunden um einige Meter, erklärt der Forscher. „Das löst auf jeden Fall sehr große Erschütterungen aus.“ In Los Angeles sei die Lage besonders problematisch: „Los Angeles ist im Prinzip auf einem Sedimentbecken, einer Absenkung, gebaut. Da gibt es dann Verstärkungseffekte“, so Bonhoff. Wann es so weit kommt, könne jedoch niemand sagen. Die Voraussetzungen für ein solches Szenario seien jedoch geschaffen.
Die Folgen wären katastrophal, wie die US-Behörde United States Geological Survey in einer Studie feststellte: Knapp 1.800 Menschen würden sterben, davon alleine 1.000 in Los Angeles. Etwa 50.000 Menschen könnten verletzt werden und bis zu einer Million Personen könnten ihr Obdach verlieren. Südkalifornien wäre im schlimmsten Fall von der Außenwelt abgeschnitten, hieß es weiter. Denn die Region sei von Bergen umgeben. Wenn dann Straßen und Autobahnen zerstört werden, sei es schwierig, die Orte noch zu erreichen.
Wie dramatisch es wirklich kommen könnte, sei von zwei Faktoren abhängig, sagt Bohnhoff: „Entscheidend ist, die Infrastruktur so weit aufzurüsten und zu verbessern, dass möglichst viele Gebäude erdbebengesichert sind.“ Der zweite Faktor sei das Bewusstsein der Bevölkerung dafür, sich im Ernstfall richtig zu verhalten. Dafür gebe es entsprechende Übungen (Earthquake drills): „Es werden Testalarme über das Handy und Lautsprecher verkündet“, so der Experte weiter. Außerdem müssen die Betroffenen nach dem „duck, cover and hold“-Prinzip (ducken, in Deckung gehen und warten) agieren. Erst wenn sich die Lage beruhigt habe, solle man rauslaufen. „Das muss man regelmäßig trainieren, weil es im Falle eines Erdbebens schnell gehen muss.“