Verstecktes Highlight
Das ist die kleinste bewohnte Insel Deutschlands
Aktualisiert am 26.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Kaum einer kennt sie. Dabei hat das Mini-Eiland im Steinhuder Meer das Zeug zu einer Trauminsel. Die britische Presse findet sogar, man urlaube dort wie auf den Malediven.
Wenn am Abend die Segelboote abgelegt haben und die Tagesgäste zurück nach Steinhude geschippert sind, wird es auf Wilhelmstein idyllisch. Die Wellen dümpeln an den Bootsanleger, die Sonne taucht den See in ein goldenes Licht und die Insulaner machen es sich mit einem Drink in der Hand in den hölzernen Lounge-Sesseln bequem.
Das Steinhuder Meer gehört mit zu den größten Seen Norddeutschlands. Die Einwohnerzählung auf Wilhelmstein ist schnell erledigt. Genau vier Leute leben hier auf 12.500 Quadratmetern – und machen Wilhelmstein zur kleinsten bewohnten Insel Deutschlands.
Ursprünglich bewachte ein Inselvogt der Fürstlichen Hofkammer zu Bückeburg das Eiland, das der Adelsfamilie Schaumburg-Lippe gehört. Doch Familienvorstand Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe hatte irgendwann keinen rechten Spaß mehr an dem Betrieb seiner Insel mit der 260 Jahre alten Festung Wilhelmstein.
Er gab die Leitung an die verantwortlichen Tourismusprofis rund ums Steinhuder Meer ab. Und die gingen fleißig ans Werk. Die Mauern der Festung mit ihren vier Bastionen wurden repariert, die Kieswege aufgeschüttet, die hohen Bäume beschnitten, die Inselhäuschen frisch weiß getüncht und die Kanonenkugeln blankgeputzt.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ein „märchenhaftes Refugium“ ist entstanden, so berichtete die britische „Daily Mail“ und zieht – recht gewagt – Vergleiche zu den Inselperlen der Malediven und der Karibik.
Auch das fürstliche Herz hängt immer noch an der Insel. Immerhin, so erzählt der Chef des Hauses Schaumburg-Lippe, glitt er als Kind in eiskalten Wintern mit Schlittschuhen vom Festland zur Insel herüber. Und auch heute noch kommt er gerne mit Freunden und lässt es sich im Inselrestaurant gutgehen.
Der Fürst des Heiligen Römischen Reiches, Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe, hatte die künstliche Insel mit der Festung von 1761 bis 1767 errichten lassen. Untergebracht waren dort erst eine Militärschule, später ein Staatsgefängnis.
Wilhelm zog als Heerführer auf Seiten Portugals in den Siebenjährigen Krieg und ließ später nahe Elvas in Portugal das Fort Nossa Senhora da Graça als übergroße Kopie der Festung Wilhelmstein erbauen.
Wilhelmstein im Steinhuder Meer gibt sich heute allerdings ganz unkriegerisch. Die Festung mit ihren düsteren Kasematten steht Touristen zur Besichtigung offen und in den ehemaligen Offiziershäuschen ist das „Inselhus“, ein Hotel Garni mit sechs Zimmern, untergebracht.
Damit die Hotelgäste nachts keinen Inselkoller bekommen, haben die Gastronomen die Insel kurzerhand zu ihrem Wohnort gemacht. „Das hat schon ein bisschen etwas von Aussteigen, wenn man aus der Großstadt auf so eine winzige Insel zieht“, finden sie.
Bewachen müsse man Wilhelmstein heute aber nicht mehr. Nur ganz selten einmal entere ein fremdes Trüppchen das Eiland. „Hin und wieder kommt eine Bande in Partylaune vom Festland herüber und feiert zum Beispiel einen Junggesellenabschied. Wir schauen dann mal bei denen vorbei und sagen: ‚Jungs, nun ist aber gut‘. Und schon kehrt auf der Insel wieder Frieden ein.“ Graf Wilhelms Kanonen werden jedenfalls nicht mehr gebraucht.
Erreichbar ist die Insel im Steinhuder Meer in circa 25 Minuten von Steinhude oder Mardorf aus mit einem Linienschiff oder einem offenen historischen Holzsegelboot, Auswanderer genannt. Wilhelmstein kann auch per eigenem Motorboot, Segelboot, Kanu oder Tretboot angesteuert werden.