Pál Dárdai ist eine Vereinslegende bei Hertha BSC. Dennoch ist der Ungar nicht der richtige Mann für den Aufstieg. Es braucht einen Wechsel. Die Alternative steht parat.
Für Hertha BSC geht es nach Jahren des dramatischen Bundesliga-Abstiegskampfs bis zum bitteren Ende im letzten Heimspiel der Saison ausnahmsweise um nichts mehr. Wenn die Berliner am Samstag den 1. FC Kaiserslautern empfangen (ab 13 Uhr im Liveticker bei t-online), kann der Absteiger weder auf- noch absteigen. Hertha steht auf Rang neun der Zweitliga-Tabelle. Der direkte Wiederaufstieg war lediglich eine Hoffnung, kein Saisonziel.
In der kommenden Saison, dem zweiten Zweitliga-Jahr, muss die Hertha aber aufsteigen. Das stellte Geschäftsführer Thomas Herrich Anfang des Jahres klar. Ein Aufstieg sei „alternativlos“, so der 60-Jährige im Podcast „Hertha Base“. Grund dafür ist die finanzielle Lage der Hertha.
So klar das Ziel für die kommende Saison ist, so unklar ist die Frage, mit welchem Trainer man in die Saison gehen will. Der Vertrag von Pál Dárdai, aktuell im Amt, läuft im Sommer aus. Laut Informationen von t-online wird der Vertrag nicht verlängert. Das wurde dem Ungarn am Freitag mitgeteilt. Auch die „Bild“ berichtet über die Trennung nach Saisonende.
Die richtige Entscheidung. Denn die Entwicklung der Mannschaft unter Dárdai fehlt. Und muss sich für eine passende Lösung gar nicht groß umschauen, denn die steht in den eigenen Reihen.
Das wilde Auf und Ab gibt Rätsel auf
Vor etwas über einem Jahr rief der inzwischen verstorbene Vereinspräsident Kay Bernstein den „Berliner Weg“ als Vereinsphilosophie aus. Das Ziel: mehr junge Spieler aus der eigenen Akademie in den Profibereich integrieren, mehr Identifikation zwischen Fans und Mannschaft kreieren, nahbarer sein. Das ist der Hertha in diesem Jahr gelungen. Auch dank Pál Dárdai, der mutig junge Berliner Talente aufstellte und die Stimmung im Kader positiv hielt.
Doch der „Berliner Weg“ soll auch zurück in die Bundesliga führen. Dafür bräuchte es eine Entwicklung der Mannschaft, ein Fundament für das zweite Jahr, die geplante Aufstiegssaison. Diese Entwicklung ist Pál Dárdai jedoch nicht gelungen. War der wechselhafte Saisonstart angesichts des Kaderumbruchs noch nachvollziehbar, gibt das Auf und Ab seit Mitte der Hinrunde Rätsel auf.
Auf starke Partien wie im Pokal gegen Mainz (3:0) oder im Liga-Heimspiel gegen Rostock (4:0) folgten oft ernüchternde Auftritte. Mehr als zwei Siege am Stück gab es kein einziges Mal. Teilweise klare Führungen wurden leichtfertig aus der Hand gegeben, mehrfach erst spät in der Nachspielzeit wie gegen Kiel (2:2) oder Hannover (1:1).
„Gefühlt eine verschenkte Saison“
Nur wenn Hertha gegen Kaiserslautern und Osnabrück (34. Spieltag) gewinnt, haben die Berliner in der Rückrunde mehr Punkte geholt als in der Hinserie. Defensiv sind die Hauptstädter statistisch sogar jetzt schon schwächer (26 Gegentreffer in der Hinrunde, 30 in der Rückrunde). Auch fußballerisch ist kaum eine Entwicklung zu sehen. Gegen tief verteidigende Teams tut sich Dárdais Elf schwer. Beide Partien gegen Aufsteiger Wehen Wiesbaden gingen verloren, auch in Rostock und Braunschweig tat sich Hertha gegen Abstiegskandidaten damit schwer, anders als durch Flanken in den gegnerischen Strafraum zu gelangen.
Und wenn die Berliner, die mit 65 Toren die zweitbeste Offensive der Liga stellen, mal ins Toreschießen kamen, wackelte oft die Defensive. Dárdai selbst konstatierte nach dem jüngsten 2:4 in Elversberg: „Wir haben das ganze Jahr eine ähnliche Situation wie heute. Wir machen genug Tore, haben genug Torchancen, aber verteidigen schlecht.“
Kapitän Toni Leistner sprach Ende April von einer „gefühlt verschenkten Saison“, Teamkollege Andreas Bouchalakis war sich im „Kicker“ auch sicher, dass „definitiv mehr möglich“ gewesen wäre. Publikumsliebling Fabian Reese wählte sogar einen Vergleich aus der Mythologie. „So muss sich Sisyphus gefühlt haben. Wenn ich Tag für Tag alles gebe und wir es zusammen doch nicht schaffen, den Stein bis zur Bergspitze zu tragen, sondern gefühlt immer wieder von vorn anfangen müssen“, schrieb er auf Instagram.