Bei „Caren Miosga“ stellt der künftige Kanzler die Deutschen auf unübersichtliche Zeiten ein. Gefragt seien jetzt Selbstbewusstsein und ein gesunder Patriotismus.
Als zukünftiger Kanzler wird Friedrich Merz mit der zunehmend instabilen Weltordnung, einer schwächelnden Wirtschaft und dem bröckelnden gesellschaftlichen Zusammenhalt fertigwerden müssen. Die Zuversicht der Deutschen, dass der 69-Jährige diesen Herausforderungen gewachsen ist, hält sich in Grenzen. Bei „Caren Miosga“ warb der CDU-Chef am Sonntagabend also um das Vertrauen der Bürger, lobte den Koalitionsvertrag mit der SPD und erläuterte, wie er sich sein Verhältnis zu Donald Trump und Wladimir Putin vorstellt.
„Die Arbeit hat sich gelohnt“, kommentierte Merz das Ergebnis der Gespräche mit SPD und CSU. Deutschland müsse besser regiert werden als in der Vergangenheit. Darauf sei man nun vertraglich und innerlich vorbereitet. Für seine Verhandlungspartner Lars Klingbeil (SPD) und Markus Söder (CSU) hatte der Christdemokrat durchaus warme Worte übrig. Während zu Klingbeil ein gutes Vertrauen gewachsen sei, habe Söder mit seinem barocken Humor immer wieder für Auflockerung gesorgt.
Die wiederholten Einwürfe der Moderatorin Caren Miosga, die Christdemokraten hätten sich das Zustandekommen der Koalition möglicherweise nur mit großen Zugeständnissen inhaltlicher und personeller Art erkauft, wollte der CDU-Vorsitzende nicht gelten lassen. „Wir waren ja auch nicht die Softies“, wiegelte Merz ab. Die Ressorts seien fair und anständig verteilt worden. Nun gehe es darum, sich konzentriert und schnell an die Arbeit zu machen.
Der mutmaßlich nächste Bundeskanzler verteidigte bei „Caren Miosga“ seine Ansicht, insbesondere die weltpolitischen Ereignisse mahnten nicht nur zur Eile, sondern – wie im Falle der Schuldenbremse – auch zu einem Umdenken.
„Ich habe so etwas noch nie erlebt, auch eine so offene Konfrontation der Amerikaner gegen uns“, schilderte Merz beispielsweise seine Eindrücke von der kontroversen Rede des US-amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz. „Das hat Spuren hinterlassen, auch bei mir“, erklärte er.
Trumps Zollpolitik bezeichnete Merz als schädlich für Amerika und die Welt. Nicht umsonst seien die meisten Zölle nun für 90 Tage ausgesetzt worden. Davon, dass sich der US-Präsident grundsätzlich eines Besseren belehren lasse, wollte der CDU-Politiker dennoch nicht ausgehen. „Richten wir uns darauf ein: Es bleibt unübersichtlich“, resümierte er und hoffte auf ein baldiges persönliches Treffen mit Trump.
„Wir haben noch keinen Termin, aber ich werde versuchen, noch vor den Sommerferien zu einem Besuch in Washington zu sein.“ Bei dieser Gelegenheit werde er versuchen, nach dem üblichen Smalltalk ernste Themen wie die US-amerikanische Ukraine- und China-Politik anzusprechen. „Ich glaube, am Ende des Tages gibt es mehr gemeinsame Interessen als gegenläufige Interessen“, zeigte Merz sich überzeugt.
Ob er sich eine gemeinsame Golfpartie wünsche, ließ er hingegen offen. „Das weiß ich noch nicht“, kommentierte der CDU-Politiker und äußerte Zweifel an der Behauptung, Trumps Handicap liege bei einem sehr guten Wert von 2,7. Sein eigenes Handicap sei wiederum nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, blockte Merz die Nachfrage der Moderatorin zu seinen eigenen Golfkünsten ab.
Deutlich ernster wurde das Interview, als es um die jüngsten russischen Angriffe auf die ostukrainische Stadt Sumy mit mehr als 30 Todesopfern ging. „Das ist eindeutig ein Kriegsverbrechen, und zwar ein schweres Kriegsverbrechen“, urteilte Merz.
Diese Tat gegen die Zivilbevölkerung könne allen als unmissverständliches Signal dienen, die naiverweise darauf drängten, sich mit Putin an den Verhandlungstisch zu setzen und über einen Waffenstillstand zu verhandeln. So sehe die Antwort des russischen Präsidenten aus.
„Offensichtlich interpretiert er unsere Bereitschaft, mit ihm zu reden, nicht als ernsthaftes Angebot, einen Frieden zu ermöglichen, sondern als Schwäche“, resümierte Merz. Zuvor hatte er darauf verwiesen, dass wenige Tage nach einem Besuch des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán bei Putin ein Kinderkrankenhaus in Kiew bombardiert worden war. Vor diesem Hintergrund halte er es für denkbar, in Abstimmung mit den europäischen Partnern Taurus-Marschflugkörper zu liefern, erklärte der kommende Regierungschef.