Von Brandmauer nach links und rechts ist bei Friedrich Merz bei „Illner“ plötzlich wenig zu hören. Bärbel Bas blitzt erst mal ab, J.D. Vance wird in die Schranken verwiesen.
In den allerletzten Minuten wurde manch ein Politiker von Linkspartei und AfD vielleicht noch mal hellhörig. Der Solo-Auftritt des neuen Bundeskanzlers bei „Maybrit Illner“ war am Donnerstagabend naturgemäß ein Rundumschlag zu den wichtigsten Themen der schwarz-roten Koalition. Ganz zum Schluss fragte die Moderatorin nach dem Verhältnis zur Linkspartei und der Reform der Schuldenbremse. Die Antwort von Friedrich Merz ließ aufhorchen.
- Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Die Koalition habe verabredet, noch mal über die Schuldenbremse zu diskutieren, sagte Merz in der ZDF-Talkshow, die bereits ab 19 Uhr live im Livestream des Senders zu sehen war: „Da gibt es in der Tat ein paar Themen.“ Sollte sich die Bundesregierung auf Änderungen verständigen, werde es ein Gesetzgebungsverfahren geben und es werde geschaut, ob im Bundestag eine Mehrheit möglich sei. Für die wäre Schwarz-Rot auch auf die Linke angewiesen. Nach Unvereinbarkeit oder Brandmauer klang die folgende Aussage von Merz dann nicht gerade.
„Ich sehe uns nicht in Verhandlungen mit der Linkspartei oder mit der AfD über solche Entscheidungen“, sagte der Bundeskanzler zwar zunächst. Er ergänzte jedoch: „Das wird dann aber eine Frage der Beratungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages sein. Da muss man schauen. Das ist heute viel zu früh, um darüber abschließend eine Aussage zu treffen.“
Merz verwies bei „Maybrit Illner“ auf die „kompliziertesten“ Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Er warf der Linken jedoch antisemitische Töne vor und dass sie die Wirtschaftsordnung abschaffen wolle. Kritisch äußerte sich der Regierungschef auch zu einem AfD-Verbotsverfahren. Das sollte seiner Ansicht nach, wenn überhaupt, nicht vom Bundestag, sondern eher von der Bundesregierung ausgehen. Generell sprach sich Merz aber mehr für eine inhaltliche Auseinandersetzung aus, um den „Links- und Rechtspopulismus“ nicht weiter zu stärken.
„Große Erwartungen, schwieriger Start – was können Sie schaffen, Herr Merz?“, war die Ausgabe von „Maybrit Illner“ überschrieben. „Wird es so beginnen, wie die Ampel endete?“, fragte die Moderatorin allein mit Blick auf widersprüchliche Aussagen aus der Koalition vom selben Tag. Eine klare Position bezog Merz vor allem beim Plan von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), künftig auch Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen zu lassen. Das könne vielleicht ein Element sein, gab sich Merz zunächst kompromissbereit. Dann stellt er jedoch klar: „Ich bin davon noch nicht überzeugt. Ich glaube auch nicht, dass man mich davon überzeugt, das so zu machen.“
Bei den Differenzen zum Lieferkettengesetz oder den mehr als doppelt so hohen Rüstungsausgaben betonte Merz, dass diese Entscheidungen aktuell noch gar nicht anstünden. Die künftigen Nato-Ziele würden beispielsweise gerade erst definiert und die Anteile vom Bruttoinlandsprodukt seien lediglich eine „Hilfskonstruktion“. Entscheidend sei, dass Europa sich aus eigener Kraft verteidigen müsse: „Und daran orientieren wir uns.“
Merz bekräftigte bei Illner, dass die neuen Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland am Dienstag in Kraft treten werden. Das war der Moderatorin zwar neu, stand aber bereits fest. „Die sind vorbereitet, die treten in Kraft und das nächste Sanktionspaket ist in Vorbereitung“, kündigte der Bundeskanzler an. Er betonte, dass US-Präsident Donald Trump, dessen Außenminister Marco Rubio und eine Reihe von US-Senatoren das Wochenende über in die Gespräche eingebunden worden seien. Er versuche alles, um die Amerikaner an Europas Seite zu halten und zu vermitteln, dass es auch in ihrem Interesse sei, mit einer Stimme zu sprechen, sagte Merz.
Zum US-Vizepräsidenten fand der deutsche Regierungschef hingegen erneut deutliche Worte und bediente sich dabei seiner Wortwahl der vergangenen Zeit. Die Kritik von J.D. Vance an der Meinungsfreiheit in Europa auf der Münchner Sicherheitskonferenz sei „übergriffig“ gewesen. Solch eine Aussage stehe auch einem amerikanischen Vizepräsidenten in Deutschland nicht zu. Im Gegenzug wollte Merz nicht direkt auf die Frage von Illner antworten, ob die USA unter Trump noch zum demokratischen Westen gehören.
Merz hielt es pragmatisch: Trump sei demokratisch gewählt und sehe viele Dinge anders. Doch als größter Partner in der Nato und enorm wichtiger Handelspartner habe Deutschland alles Interesse daran, die USA an seiner Seite zu halten. Er habe die Hoffnung, dass Washington das ebenso sieht. Mit dem Rohstoffabkommen hätten die USA nun auch ureigene Interessen in der Ukraine. „Damit ist Amerika doch unmittelbar mitbetroffen“, sagte Merz. Trumps erste Auslandsreise nach Saudi-Arabien, begleitet von Elon Musk, Sam Altman und einer Reihe Top-Manager, blieb in der Sendung unerwähnt.