Ermittlungen wegen Landfriedensbruch
Burschenschaft-Villa mit 20 Meter langer Holzwand verbarrikadiert
15.12.2024 – 19:22 UhrLesedauer: 2 Min.
Eine Gruppe dunkelgekleideter Personen verbarrikadiert den Eingang einer Burschenschaft in Hannover. Die Polizei muss mit schwerem Gerät anrücken.
Unbekannte haben den Eingang der Villa einer Burschenschaft in Hannover mit einer etwa drei Meter hohen Bretterwand verbarrikadiert und die Fassade mit Farbe beworfen. Nach der Aktion am Samstag ermittelt der für politische Taten zuständige Staatsschutz wegen Landfriedensbruchs und Nötigung.
Die etwa 20 Meter lange Holzwand sei von den teilweise maskierten, schwarz gekleideten Personen mit politischen Schriftzügen versehen worden, teilten die Beamten mit. Auf in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) veröffentlichten Fotos ist auf dem Zaun die Parole „Nazizentren dichtmachen“ zu sehen. Verletzt wurde bei der Aktion niemand.
Die Villa ist Sitz der Hannoverschen Burschenschaft Ghibellinia-Leipzig, einer schlagenden Studentenverbindung, die nach eigenen Angaben seit 1868 aktiv ist. Sie pflegt die Tradition der sogenannten Mensur, also Fechtkämpfe, bei denen als typische Verletzung ein sogenannter Schmiss im Gesicht davongetragen werden kann.
„Unser Haus als ‚Nazizentrum‘ zu bezeichnen, ist eine Verleumdung, die jeglicher Grundlage entbehrt“, sagte der Vorsitzende der Burschenschaft, Thomas Gillmann, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Unsere Burschenschaft steht in einer absolut demokratischen Tradition, für Meinungsfreiheit und politische Vielfalt. Wir lehnen jede Art von Radikalismus kategorisch ab.“
Laut Definition der Bundeszentrale für politische Bildung sind Burschenschaften national-konservative Studentenverbindungen, fast alle nehmen nur Männer auf. Das Magazin „Report Mainz“ berichtete im Frühjahr, dass es Bezüge zu zahlreichen AfD-Abgeordneten gebe. Laut einem Bericht der Mitgliederzeitschrift des Bundesverbandes „Burschenschaftliche Blätter“ hielt im November 2023 ein AfD-Abgeordneter aus Rheinland-Pfalz in dem Haus der Ghibellinia-Leipzig in Hannover einen Vortrag mit dem Titel „Schicksalsfrage Einwanderung – warum Remigration nötig und machbar ist“.
Anwohner hatten die Einsatzkräfte am Samstag gegen 13.30 Uhr alarmiert und von einer Gruppe dunkelgekleideter Störer in zweistelliger Höhe gesprochen. Wie eine Polizeisprecherin sagte, wurden auch Nebeltöpfe gezündet, daher sei ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet. „Es wurden sofort intensive Fahndungsmaßnahmen eingeleitet“, sagte die Sprecherin. Mehrere Gruppen seien kontrolliert worden.
Laut Polizei waren während der Errichtung des Bretterzauns Menschen in dem Verbindungshaus. „Wir danken den Polizeikräften für die schnelle Beseitigung der Gefährdung“, sagte der Vorsitzende der Hannoverschen Burschenschaft Ghibellinia-Leipzig. In verschiedensten Universitätsstädten sei es bereits zu Angriffen auf Verbindungshäuser gekommen. „Unser Haus ist leider regelmäßig Ziel von Vandalismus, Farbanschlägen und Einbruchsversuchen“, sagte Gillmann.
„Vor allem in Göttingen, aber auch in anderen niedersächsischen Universitätsstädten, sind immer wieder Übergriffe auf Verbindungsstudenten und deren Einrichtungen zu verzeichnen, mit zunehmender Tendenz“, heißt es zu dem Thema im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht für 2023. Sie seien im Fokus der linksextremistischen Szene.
Die Bretterwand war laut der Polizeisprecherin stabil befestigt, sodass Polizisten der Zentralen Polizeidirektion Hannover ausrücken und die Barrikade mit Gerätschaften abreißen mussten. Die Ermittler suchen weitere Zeugen.