Bundestag
Bundestag konstituiert sich – Kanzler Scholz wird entlassen
Aktualisiert am 25.03.2025 – 04:27 UhrLesedauer: 5 Min.
Wenn ein neuer Bundestag erstmals zusammentritt, wird es feierlich im Reichstagsgebäude. So dürfte die Stimmung aber nicht lang bleiben. Vor allem bei einem Tagesordnungspunkt ist Ärger in Sicht.
Zweimal hat nach der Bundestagswahl am 23. Februar noch das alte Parlament getagt und weitreichende Beschlüsse gefasst – doch damit ist jetzt Schluss. Der neue Bundestag kommt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Damit beginnt die 21. Legislaturperiode. Zugleich erhalten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Kabinett von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihre Entlassungspapiere und sind ab sofort nur noch geschäftsführend im Amt.
Das Grundgesetz schreibt vor, dass das neue Parlament spätestens 30 Tage nach der Wahl erstmals zusammentreten muss. Der nun gewählte Termin ist der letztmögliche.
Als Gregor Gysi 1966 in der DDR den Abschluss als Facharbeiter für Rinderzucht machte und im Dezember 1989 zum Vorsitzenden der SED im zerfallenden zweiten deutschen Staat gewählt wurde, konnte er sich wohl kaum vorstellen, einmal als Alterspräsident des Deutschen Bundestages eine Wahlperiode zu eröffnen. Nun wird er es tun und in die Fußstapfen des inzwischen gestorbenen Wolfgang Schäuble (CDU) treten.
Alterspräsident ist das Mitglied des Bundestages, das die meisten Abgeordnetenjahre vorweisen kann. Seine Aufgabe ist es, die erste Sitzung bis zur Wahl eines neuen Bundestagspräsidenten oder einer -präsidentin zu leiten. Dazu gehört es, in Abstimmung mit den Fraktionen die Schriftführer zu ernennen. Üblicherweise hält der Alterspräsident auch eine Rede.
Schäuble etwa mahnte im Oktober 2021 die „lieben Kolleginnen und Kollegen“, das Parlament als politische Bühne und nicht bloß als notarielle Veranstaltung zum Abarbeiten von Koalitionsverträgen anzusehen. „Hier ist der Ort, an dem wir streiten dürfen, an dem wir streiten sollen, aber fair und nach Regeln, leidenschaftlich, aber auch mit der Gelassenheit, die einer erregten Öffentlichkeit Beispiel geben kann.“
Und Gysi? Sicherlich werde er etwas zur Außenpolitik sagen und auch zur Situation unserer Gesellschaft, verriet der 77-Jährige der Wochenzeitung „Das Parlament“. Und: „Vielleicht werde ich auch einige Vorschläge unterbreiten, was man überparteilich mal miteinander besprechen müsste. Denn was wir wirklich brauchen, ist mehr echter Diskurs und weniger Schaukämpfe.“
Klingt ein wenig dröge, ist es aber nicht: Der Bundestag wird als einen der ersten Beschlüsse eine Geschäftsordnung verabschieden. Sie ist so etwas wie das Betriebshandbuch für das Parlament und enthält viele Bestimmungen für dessen Arbeit – etwa zu Redezeiten, der Einberufung von Sitzungen, dem Festlegen von Tagesordnungen oder Verhaltensregeln für Abgeordnete und Ordnungsmaßnahmen. Dabei geht es auch um Machtfragen.
In der Regel übernimmt der neue Bundestag die Geschäftsordnung des alten Parlaments. 2021 verlangte die AfD jedoch Änderungen. Das löste eine längere Geschäftsordnungsdebatte aus, blieb aber erfolglos.
Die Wahl der neuen Bundestagspräsidentin oder des -präsidenten ist zweifellos der Höhepunkt jeder konstituierenden Sitzung – auch wenn diese Personalie längst vorher geklärt wurde. Das Vorschlagsrecht für diesen Posten hat traditionell die stärkste Fraktion, diesmal also die CDU/CSU. Sie hat die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für das Amt nominiert.
Die CDU-Politikerin wird nach Annemarie Renger (SPD), Rita Süssmuth (CDU) und Bärbel Bas (SPD) erst die vierte Frau in diesem Amt sein, das protokollarisch das zweithöchste nach dem Bundespräsidenten ist.
Klöckner saß schon von 2002 bis 2011 im Bundestag und war seit 2009 auch Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium. Anschließend wechselte sie in die Landespolitik ihrer Heimat Rheinland-Pfalz und versuchte dort zweimal vergeblich, Ministerpräsidentin zu werden. Bei der Bundestagswahl 2017 meldete sie sich in Berlin zurück und war dann bis 2021 Bundeslandwirtschaftsministerin im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).