„Bargeld ist gelebte Freiheit“, sagt Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz. Welche Rolle Bargeld in Krisen spielt und wie er Deutschlands Goldreserven schützt, erklärt er im Interview.
Mit Münzen zahlen, Kleingeld zählen, den Geldautomaten suchen – das ist manchmal nervig. Für viele bedeutet Bargeld aber auch ein Stück Freiheit: anonym, unabhängig, zuverlässig, gerade in Krisenzeiten. Doch wie lange wird es das noch geben, wenn Bezahlen per Handy, Karte oder App immer bequemer wird?
Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz über Bargeld als Freiheitsversprechen, den digitalen Euro – und warum Deutschlands Goldreserven auch in den USA trotz Donald Trump sicher sind.
t-online: Herr Balz, wie viel Bargeld haben Sie gerade im Portemonnaie?
Burkhard Balz: Etwa 150 Euro. Ich bin nach wie vor mit Bargeld unterwegs, zahle aber meistens mit dem Handy.
Damit reihen Sie sich im deutschen Durchschnitt ein. Viele Deutsche gelten als bargeldaffin. Woran liegt das?
Bargeld ist gelebte Freiheit. Man kann im gesamten Euroraum damit bezahlen und ist auch in unvorhergesehenen Situationen liquide. Manchmal nutzt man Bargeld auch für Zahlungen, die nicht auf der Kreditkartenabrechnung auftauchen sollen – etwa bei Geschenken.
Ein valides Argument. Aber das bringt uns auch zum kritischen Punkt: Mit Bargeld lassen sich Geschäfte verschleiern.
Das stimmt. Gerade beim Thema Geldwäsche wurde in Europa viel unternommen. In Frankfurt hat die europäische Geldwäschebehörde AMLA gerade ihre Arbeit aufgenommen. Und dennoch begleiten uns solche Diskussionen ständig. Beschränkungen bei Bargeldzahlungen sind sinnvoll – ab 10.000 Euro muss man offenlegen, wer zahlt und woher das Geld stammt. Und ab 2027 gilt eine 10.000-Euro-Obergrenze für Bargeldgeschäfte in der gesamten EU. Ein guter Kompromiss zwischen Freiheit und Kontrolle. Ich bin und bleibe ein Freund des Bargelds – das überrascht sicher nicht, da ich im Vorstand der Bundesbank auch für das Bargeld zuständig bin.

Burkhard Balz (geboren 1969) ist seit September 2018 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Dort verantwortet er unter anderem Zahlungsverkehr, Bargeld und die Goldreserven. Zuvor war Balz langjähriges Mitglied des Europäischen Parlaments für die EVP und arbeitete schwerpunktmäßig im Wirtschafts- und Währungsausschuss. Balz absolvierte eine Ausbildung zum Bankkaufmann, studierte anschließend Rechts- und Staatswissenschaften und begann seine Karriere bei der Commerzbank.
Lassen Sie uns auf die Bargeldversorgung schauen: In einer Studie hat die Bundesbank drei Szenarien entworfen – eine hyperdigitale Welt ohne Bargeld, eine digitale Welt mit Bargeldrenaissance und ein Szenario mit schwindender Bargeldverfügbarkeit. Wo steht Deutschland heute?
Wir haben eine funktionierende Bargeldwelt. Im Jahr 2023 wurden hierzulande etwas mehr als 50 Prozent aller Transaktionen an der Ladenkasse bar bezahlt. Allerdings sehen wir über die Jahre eine abnehmende Bargeldnutzung. Trotzdem glauben wir, dass Bargeld in zehn, 15 Jahren noch eine zentrale Rolle spielen wird. Bargeld wird nicht verschwinden.
Allerdings wird es schon jetzt deutlich schwieriger, an Bargeld zu kommen. Zuletzt hat Shell die Kooperation mit der Cash Group beendet. Ist die Bargeldversorgung noch flächendeckend gesichert?
Insgesamt stehen wir im europäischen Vergleich gut da – mit mehr als 50.000 Geldausgabeautomaten in Deutschland. Zuletzt ging die Anzahl der Geldautomaten und Bankstellen bei uns im Land jedoch deutlich zurück. In einigen Regionen könnte es zukünftig schwieriger werden, an Bargeld zu kommen. Deshalb braucht es mehr Kooperation, etwa beim Betrieb von Geldautomaten. Die Niederlande machen es vor: Dort betreiben die Banken ihre Geldautomaten gemeinsam über eine zentrale Gesellschaft. Das könnte auch ein Modell für Deutschland sein. Politik und Kreditwirtschaft sind hier gemeinsam gefragt. Wir als Bundesbank können nur Anstöße geben – am Ende müssen sich die anderen Bargeldakteure und die Politik dafür einsetzen.
Warum ist Bargeld ein deutsches Phänomen?
Das ist nicht nur in Deutschland so – in Österreich, Italien oder anderen Ländern ist Bargeld ähnlich beliebt wie bei uns. Bargeld bedeutet Freiheit, Sicherheit und Verlässlichkeit – besonders in Krisenzeiten wie etwa zu Beginn der Pandemie.

Aber ist die Sicherheit des Bargelds in Krisen nicht auch nur ein Gefühl?