Nach der Landtagswahl
Brandenburg-Wahl erhöht Druck auf Ampel im Bund
Aktualisiert am 23.09.2024 – 17:29 UhrLesedauer: 4 Min.
Das Wahljahr 2024 war für die Ampel eine mittlere Katastrophe. Viel Harmonie gibt es nicht mehr in der Koalition – dafür die Mahnung: Jetzt nicht wegducken.
Eine schwer gerupfte FDP, eine erleichterte SPD und abgestürzte Grüne: Die Wahl in Brandenburg hat die Ampel durchgeschüttelt. Vor allem das desaströse Abschneiden der FDP könnte für die Bundespolitik noch weitreichende Konsequenzen haben. Am Tag danach erhöhte FDP-Chef Christian Lindner deutlich den Druck auf seine Koalitionspartner SPD und Grüne. Der Kanzler dagegen betont, es gebe noch viel zu tun – und zu kämpfen. Kommt jetzt ein „Herbst der Entscheidungen“?
Ein Jahr vor der Bundestagswahl stehen die Ampel-Parteien allesamt vor Problemen. Nicht nur hat die Union gerade mit Friedrich Merz ihren Kanzlerkandidaten gefunden – während in der SPD Zweifel an einer erneuten Kandidatur von Kanzler Olaf Scholz laut werden.
Der Wahltag in Brandenburg wurde für zwei der drei Ampel-Partner auch zum ausgemachten Desaster: Die Grünen von Vizekanzler Robert Habeck flogen mit 4,1 Prozent aus dem Landtag. Lindners FDP wird mit 0,8 Prozent inzwischen unter „Sonstige“ geführt. Selbst der Wahlsieg der SPD hat einen Beigeschmack: Viele Stimmen bekam sie wohl nur, weil die Brandenburger einen Triumph der AfD verhindern wollten.
In Berlin wachsen deshalb wieder die Zweifel, ob Scholz“ Regierung bis zum Bundestagswahltermin am 28. September 2025 hält. Der Kanzler selbst äußerte sich Tausende Kilometer entfernt bei seinem Besuch in New York. Die Ampel-Regierung habe große Aufgaben vor sich, betonte er und nannte den Kampf um Industriearbeitsplätze. „Und wir werden uns kümmern“, versprach er.
Grünen-Chef Omid Nouripour glaubt dagegen nicht an mehr Harmonie in der Koalition. „Der große Feng-Shui-Moment wird wohl nicht mehr kommen und das glaubt mir auch niemand mehr, wenn ich das sage.“
Die Grünen fühlten sich an den Koalitionsvertrag gebunden – „aber das ist es auch dann.“ „Ich würde niemandem raten, in diese Koalition viele Emotionen mehr zu stecken, auch wenn wir noch einiges ambitioniert vorhaben, was das Land voranbringen wird“, sagte Nouripour.
Lindner machte den Zustand der Ampel für das schlechte Ergebnis der FDP verantwortlich. Gewonnen habe „in Wahrheit keine der staatstragenden, demokratischen Parteien“, sagte er. Die Ampel müsse jetzt liefern in der Wirtschaftspolitik, beim Haushalt und bei einer Kontrolle der Zuwanderung. „Das sind die Fragen, die in diesem Herbst geklärt werden müssen.“ Auf Nachfrage nannte der Finanzminister einen Zeitraum bis Weihnachten.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte dem Regierungsbündnis am Wahlabend ein noch kürzeres Ultimatum für die Lösung grundlegender Probleme in der Wirtschafts- und Migrationspolitik gestellt: „Und entweder, es gelingt uns in den nächsten 14 Tagen, drei Wochen, hier tatsächlich einen vernünftigen gemeinsamen Nenner zu finden oder es macht für die Freien Demokraten keinen Sinn mehr, an dieser Koalition weiter mitzuwirken“, sagte er bei Welt TV.
Vor allem der Bund mit den Grünen sei für die FDP und ihre Wähler „toxisch“. Er „glaube nicht, dass bei der jetzigen Performance diese Koalition Weihnachten noch erreicht.“ Mit Interesse wurde deshalb ein angekündigtes Interview mit Kubicki am Montag im Deutschlandfunk erwartet. Es wurde laut Moderator aber kurzfristig und ohne Gründe zu nennen abgesagt.
So weit wie Kubicki geht Lindner öffentlich bewusst nicht. Auf die Frage nach Hinweisen auf ein Ende der Koalition antwortete der 45-Jährige, er gehöre nicht zu diesen Hinweisgebern: „Das tue ich nicht.“
In diesem „Herbst der Entscheidungen“ werde sich zeigen, ob die Ampel die Kraft finde, einen Haushalt zu beschließen, der mehr tue für Bildung, für Sicherheit, für die Investitionen in Infrastrukturen, der aber die Bürgerinnen und Bürger unter dem Strich entlaste und dabei die verfassungsmäßig vorgegebene Schuldenbremse einhalte. Daran messe die FDP die Koalition.