Knackpunkt der Verhandlungen
Arbeitspapier Migration: Darüber streiten Union und SPD
25.03.2025 – 20:26 UhrLesedauer: 3 Min.
Die Fachpolitiker der möglichen Koalitionspartner haben sich auf ein Papier zur Begrenzung der Migration geeinigt. Doch entscheidende Fragen bleiben offen.
Union und SPD haben sich in einem gemeinsamen Arbeitspapier auf mehrere Maßnahmen zur Begrenzung der Migration geeinigt. Das Papier der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration liegt der Nachrichtenagentur Reuters sowie der „Bild“-Zeitung vor. Es wurde am Montagabend fertiggestellt und wird nun in den Spitzenrunden der drei beteiligten Parteien beraten. Die Vereinbarungen sind Grundlage für die weitere Koalitionsbildung und könnten noch geändert werden.
Ziel des Dokuments ist es, die Migration nach Deutschland deutlich zu begrenzen. Dazu sollen unter anderem Zurückweisungen an deutschen Grenzen auch bei Asylgesuchen ermöglicht werden. Wörtlich heißt es in dem Papier: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“
Die Formulierung entspricht bereits dem Konsens aus dem Sondierungspapier. Allerdings bleibt unklar, wie weit die Abstimmung mit den EU-Partnern gehen soll. Die SPD strebt echte Einigungen an, der Union würde wohl auch reichen, die Nachbarn nur zu informieren. Eine abschließende Einigung, was unter „Abstimmung“ zu verstehen ist, gibt es bislang nicht. Darüber müssen nun die Parteispitzen entscheiden.
Die Migrationspolitik gilt als eines der Hauptstreitthemen in den Verhandlungen über eine schwarz-rote Koalition. CDU-Chef Friedrich Merz hatte im Wahlkampf gefordert, an allen deutschen Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen. Im Papier ist nun von fortgesetzten Grenzkontrollen bis zur Umsetzung eines funktionierenden europäischen Außengrenzschutzes die Rede.
Beide Parteien wollen zudem mehr abgelehnte Asylbewerber abschieben. Laut Papier gilt: „Abgelehnte Asylbewerber müssen unser Land wieder verlassen.“ Dafür sollen Rückkehrberatung und Anreize zur freiwilligen Ausreise gestärkt werden. „Wenn dies nicht freiwillig geschieht, muss die Ausreisepflicht staatlich durchgesetzt werden.“
Auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollen wieder möglich sein, beginnend mit Straftätern und Gefährdern. Die Union fordert darüber hinaus sogenannte Bundesausreisezentren in Flughafennähe, konnte sich damit aber bislang nicht durchsetzen.
Das Papier sieht laut „Bild“ eine umfassende Stärkung der Sicherheits-, Zivil- und Katastrophenschutzbehörden vor. Mithilfe neuer Finanzierungsinstrumente von Bund und Ländern sollen diese mehr Personal und neue Fähigkeiten erhalten. Union und SPD sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Zeitenwende in der inneren Sicherheit“.
Zudem wollen Union und SPD die Regeln für Ausweisungen verschärfen. „Bei schweren Straftaten führt die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zu einer Regelausweisung“, heißt es. Dies soll insbesondere für Straftaten gegen Leib und Leben, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei antisemitischen Delikten, Volksverhetzung sowie bei Angriffen auf Vollstreckungsbeamte gelten.
Im Papier heißt es außerdem: „Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet für zwei Jahre aus. Härtefälle bleiben hiervon unberührt.“ Die Maßnahme soll ebenfalls zur Begrenzung irregulärer Migration beitragen. Zudem sollen freiwillige Bundesaufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ beendet werden. Neue Programme sind demnach nicht geplant.
Das Papier betont die Bedeutung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Diese soll noch im Jahr 2025 in nationales Recht umgesetzt werden und auf europäischer Ebene weiterentwickelt werden.
Zur weiteren Begrenzung der Migration soll die Liste sicherer Herkunftsstaaten erweitert werden. Genannt werden Algerien, Marokko, Tunesien und Indien. Die Einstufung dieser Länder als sicher soll Verfahren beschleunigen und Rückführungen erleichtern.
Keinen Konsens gibt es wohl beim Bleiberecht. Die SPD will das Chancenaufenthaltsrecht beibehalten und verlängern. Es bietet geduldeten Menschen die Möglichkeit auf ein Bleiberecht, wenn sie etwa eine Ausbildung machen oder arbeiten.
Die Union lehnt dies ab. In dem Papier heißt es dazu: „Um die illegale Migration möglichst zu verhindern, muss die Vergabe von Aufenthaltsrechten an abgelehnte Asylbewerber wieder zur Ausnahme werden.“
Trotz der Vielzahl an Begrenzungsinstrumenten betonen Union und SPD, dass Deutschland ein „einwanderungsfreundliches Land“ bleiben solle. Das Grundrecht auf Asyl soll unangetastet bleiben. Deutschland wolle weiterhin weltoffen bleiben.