Nach der gestrigen Probeabstimmung ist weiter unsicher, wie die Junge Gruppe der Union abstimmen wird. Rechnen Sie damit, dass das Rentenpaket scheitert?
Ich sage ehrlich: Das wäre wünschenswert. Nicht, weil ich grundsätzlich gegen das Paket bin, sondern weil es vorab eine grundsätzliche Reform bräuchte, die die gesetzliche Rente nachhaltig finanzierbar macht. Die Reihenfolge jetzt ist schlicht falsch.
Kann man sich staatspolitisch ein Scheitern wirklich wünschen? Dann würde die Koalition platzen und wir hätten eine Regierungskrise. Für die Forderungen der Jungen Gruppe gibt es im Parlament keine Mehrheit. Was wäre also gewonnen?
Selbstverständlich wünsche auch ich mir eine stabile Regierung. Aber Regierungsfähigkeit bedeutet immer auch Reformfähigkeit. Um es mit Johannes Winkel zu sagen: Reformfähigkeit ist ein zentraler Teil politischer Handlungsfähigkeit. Wenn sie zugunsten des bloßen Weiterregierens geopfert wird, ist niemandem geholfen – weder der jungen Generation noch der langfristigen Stabilität unseres Rentensystems. Vermutlich aber wird das Rentenpaket nicht scheitern, denn bis dahin werden noch einige Gespräche stattfinden, die die Junge Gruppe dazu bringen werden, einzulenken.
Sie fürchten, dass eine echte Reform wieder in die nächste Legislaturperiode geschoben wird. Immerhin soll aber doch eine Rentenkommission bereits bis Mitte 2026 Vorschläge für eine Lösung machen, die dann langfristig trägt.
Es widerspricht sich, heute ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 festzuschreiben, wenn die Rentenkommission im kommenden Jahr eine möglicherweise umfassende Reform vorschlägt, die zu dem Schluss kommt, dass das nicht finanzierbar ist. Man hört nun, dass die Koalition in ihren Begleittext zum Rentenpaket mitaufnehmen könnte, dass die Rentenkommission einen Dämpfungsfaktor ab 2032 prüfen solle. Dann könnte später so getan werden, als hätte es die verlängerte Haltelinie bis 2031 nie oder nur in Teilen gegeben. Das allein löst das Problem aber nicht langfristig.
Würde es langfristig helfen, dass Beitragszahler auf andere Einkunftsarten Rentenbeiträge zahlen, etwa auf Kapitalerträge? Das soll die Rentenkommission auch prüfen.
Allein die Tatsache, dass die Politik darüber nachdenkt, ist eine Frechheit. Einerseits sagen sie zu Recht, die Menschen sollen privat vorsorgen. Andererseits sollen genau diese Menschen noch stärker belastet werden: Das torpediert jede Idee einer stärkeren privaten Vorsorge. Einmal angenommen, Arbeitnehmer müssten ihren Anteil für die gesetzliche Rentenversicherung nun auch für die Kapitalerträge tragen, dann reden wir von beispielsweise 9,3 Prozent zusätzlich zu den bisherigen 25 Prozent Abgeltungssteuer zuzüglich Soli. Die Abgabenlast bei Kapitalerträgen würde also auf etwa 36 Prozent steigen. Um noch ein Argument vorwegzunehmen: Es hat auch einen Grund, warum Kapitalerträge mit 25 Prozent geringer besteuert werden als das Arbeitseinkommen.











