Mit 152 Abgeordneten zieht die AfD jetzt in den Bundestag ein. Darunter sind alte Bekannte und viele neue Gesichter. Die Fraktion rückt mit ihnen noch weiter nach rechts.
Die AfD hat bei der Bundestagswahl mit 20,8 Prozent ein Rekordergebnis eingefahren. Das bedeutet in der kommenden Legislatur doppelt so viele Sitze und doppelt so viel Macht im Parlament. Und bei dem oft skandalträchtigen Personal der AfD: potenziell doppelt so viel Ärger – für die eigene Fraktionsführung, aber auch den Bundestag.
152 Abgeordnete werden für die AfD in den Bundestag einziehen. Davon waren nur 60 bereits zuvor Abgeordnete im Parlament, 92 sind neue Mandatsträger. Das teilte ein Sprecher der Fraktion t-online auf Anfrage am Montag mit. Kämpfe um Posten und Privilegien sind programmiert – und eine weitere Verschiebung der Fraktion nach Rechtsaußen.
Die ersten Diskussionen über mehrere Abgeordnete gibt es parteiintern bereits. Am Dienstag dürften sie auch in der konstituierenden Sitzung der Fraktion Thema werden.
Um wen geht es? Und wie radikal wird die Fraktion insgesamt?
Im vergangenen Jahr war Maximilian Krah der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, das rechtsextreme Vorfeld der AfD feierte ihn als Helden. In den sozialen Medien spielte er den Vorreiter für Geschichtsklitterung und NS-Verharmlosung, wie sie in diesem Wahlkampf dann auch AfD-Chefin Alice Weidel pflegte.
Der Jurist aber stolperte erst über seine engen Verbindungen nach Russland und China sowie Ermittlungen gegen einen seiner Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Spionage, über die auch t-online früh berichtete. Aus einem pro-russischen Desinformationsnetzwerk soll laut Medienberichten auch Krah selbst Gelder erhalten haben. Krah bestreitet das.
Äußerungen zur SS waren schließlich endgültig zu viel: Erst brachen die Franzosen rund um Marine Le Pen im EU-Parlament mit der AfD, dann brach die AfD-Delegation mit Krah. Sie nahm ihn im Sommer weder in ihren Kreis noch in die neugegründete Fraktion mit anderen rechten und rechtsextremen Parteien in Brüssel auf. Krah wurde vom Spitzenkandidaten zum Ausgestoßenen.
Diesem Bannfluch will er jetzt entfliehen. Bisher mit einigem Erfolg: Die Wähler im sächsischen Wahlkreis Chemnitzer Umland-Erzgebirgskreis I wählten ihn mit 44 Prozent der Erststimmen in den Bundestag. Am Dienstag könnte der neue Direktkandidat nach Informationen von t-online Diskussionspunkt in der ersten AfD-Fraktionssitzung sein und die Frage im Raum stehen: Wollen wir ihn reinlassen – oder das „Pulverfass“, wie ihn mancher nennt, wie im EU-Parlament fernhalten?
Derzeit stehen die Chancen für Krah nach Informationen von t-online gut, es in die Fraktion zu schaffen. Nicht nur sein gutes Wahlergebnis dürfte aus Sicht manches Kollegen für ihn sprechen, sondern auch sein starker Rückhalt in der sächsischen Landesgruppe.
Matthias Helferich: Offen rechtsradikal, umstritten im Heimatverband
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Auch Matthias Helferich pflegt eine offen rechtsradikale Haltung, auch er ist ein alter Bekannter: Weil der Jurist sich in internen Chatgruppen als „freundliches Gesicht des NS“ (Nationalsozialismus) bezeichnete und so einen Skandal auslöste, verzichtete er in der vergangenen Legislatur darauf, Mitglied der Fraktion zu werden. Notgedrungen.
In den Bundestag zog Helferich 2021 allerdings sehr wohl ein und nutzte seine Zeit als Fraktionsloser, um öffentlich Zeichen zu setzen: Mal trat er als „Talahon“ verkleidet ans Rednerpult, also als Stereotyp eines prolligen Migranten. Immer wieder forderte er dort auch „millionenfache Remigration“. Anfang Dezember lud er dann Götz Kubitschek – einer der einflussreichsten rechtsextremen Vordenker sowie Höcke- und Krah-Vertrauter – zu einem Vortrag in den Bundestag ein und twitterte Fotos davon.
Zu einer Diskussion über Helferichs Zukunft wird es nach Informationen von t-online bereits an diesem Montagabend kommen. Ab 18 Uhr trifft sich erstmals die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es unter einigen AfD-Politikern Bestrebungen, Helferich nicht in ihre Reihen aufnehmen. Kommt es tatsächlich dazu, wäre es ein Signal, das man auf zwei Weisen lesen könnte: Erstens als Zurückhaltung und Respekt der AfD aus NRW mit Blick auf die am Dienstag folgende Sitzung der Fraktion. Oder als klare Empfehlung an die Fraktion: Nicht einmal wir wollen ihn, auch ihr solltet ihn verstoßen.