Mögliche Koalitionen
Alles schaut jetzt auf diese Partei
Aktualisiert am 23.02.2025 – 23:57 UhrLesedauer: 3 Min.
Ein spannender Wahlabend geht auf die Zielgerade. Die Union fragt sich, mit wem sie koalieren kann – oder sogar muss. Denn nun hängt alles von einer Partei ab.
CDU-Chef Friedrich Merz kündigte am Sonntagabend nach den Hochrechnungen zur Bundestagswahl eine zügige Regierungsbildung an: „Ich habe den Wunsch, dass wir spätestens Ostern mit einer Regierungsbildung fertig sind.“ Er wolle dabei mit allen „Parteien der demokratischen Mitte“ sprechen. Offen bleibt allerdings, wer für eine Regierungsbildung überhaupt infrage kommt, denn mit der FDP könnte es eine Partei der demokratischen Mitte nicht in den Bundestag schaffen, mit der die CDU/CSU schon häufig koalierte.
Aufgrund des schwachen Abschneidens der Liberalen – die jüngsten Hochrechnungen sehen die Partei unterhalb der Fünfprozenthürde – kündigte FDP-Chef Christian Lindner bereits seinen Abschied aus der Politik an. „Nun scheide ich aus der aktiven Politik aus“, schrieb er auf X. Während die Freidemokraten ihre Wunden lecken, kann das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vielleicht doch noch jubeln. Die Partei könnte nach den jüngsten Hochrechnungen den Sprung über die fünf Prozent knapp schaffen.
Laut der Hochrechnungen von ARD und ZDF (Stand: 23.26 Uhr) wird die Union mit 28,5 Prozent stärkste Kraft. Es folgen die AfD mit 20,5 bis 20,6 Prozent, die SPD mit 16,5 Prozent, die Grünen mit 11,8 und die Linke mit 8,7 Prozent. Die FDP liegt mit 4,4 bis 4,5 Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde. Das BSW kommt in der ARD-Hochrechnung auf 4,9 Prozent, im ZDF hingegen auf 5,0 Prozent. Damit wäre der Wagenknecht-Partei der Einzug in den Bundestag sicher.
Merz und die Union dürften sehr genau die Entwicklungen dieses Wahlabends verfolgen, denn vom BSW hängen die möglichen Koalitionsoptionen für CDU/CSU ab. Ohne das BSW im Parlament würde Merz ein Zusammengehen mit den Sozialdemokraten genügen, um genügend Stimmen für die absolute Mehrheit zu erhalten. Zieht das erst vor gut einem Jahr gegründete BSW jedoch in den Bundestag ein, wird es kompliziert. Dann nämlich reicht es nicht mehr für Schwarz-Rot zum Regieren. In diesem Fall müssten Merz und die SPD wohl mit den Grünen einen Pakt schmieden. Eine solche sogenannte Kenia-Koalition dürfte deutlich schwieriger zu bilden sein als eine Große Koalition („Groko“), da hier mehr unterschiedliche Interessen auf einen Nenner gebracht werden müssten.
Führende SPD-Vertreter zeigten sich bereits offen für Koalitionsgespräche mit der Union. Ob Schwarz-Rot im neuen Bundestag eine Mehrheit hat. Der Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck zeigte sich ebenfalls für eine Koalition mit der Union bereit. „Falls es Bedarf für eine Kenia-Koalition gibt, kann man mit uns darüber reden“, sagte er. Für eine schwarz-grüne Koalition dürfte es laut Hochrechnungen aber keine Mehrheit geben.
Eine Koalition mit den Grünen will vor allem die CSU ohnehin vermeiden, ihr Chef Markus Söder hatte im Wahlkampf ausdauernd gegen die Grünen und namentlich Robert Habeck polemisiert. Er wolle Merz nichts vorgeben, sagte Söder, aber aus Sicht der CSU sei es ganz eindeutig: „Eine Regierung ohne die Grünen ist eine bessere Regierung.“
Auch eine Koalition mit der AfD hatten Merz und die Union im Wahlkampf stets ausgeschlossen. Mit der Festlegung auf die Formel, nur mit Parteien der „demokratischen Mitte“ regieren zu wollen, wie der CDU-Chef noch am Wahlabend betont hatte, dürfte damit der Gang in die Opposition für die in Teilen rechtsextremistische AfD sicher sein.
Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht wird es wohl ebenfalls zu keiner Koalitionsbildung auf Bundesebene kommen. Zwar hat die CDU auf Landesebene ein Bündnis mit der Partei der ehemaligen Linken-Abgeordneten gebildet, dies war in Thüringen aber nur deswegen notwendig geworden, um eine AfD-geführte Regierung zu verhindern. Ob diese „Brombeerkoalition“ aus Union, SPD und BSW auch ein Vorbild für die Bundesebene sein kann, ist ohnehin mehr als fraglich. Erst einmal müsste die Wagenknecht-Partei die Fünfprozenthürde überspringen.
Merz wünscht sich, dass die Regierung bis Ostern steht. Bis Gründonnerstag sind es 54 Tage. Machbar ist das, aber auch ambitioniert. Sollte es bei der SPD zu einem Mitgliedervotum kommen, ist der Zeitplan aber eher unrealistisch.