Das verändert schon vorher etwas. Ich bekam einen Drehbuch-Text, mit dem ich nicht zu 100 Prozent zufrieden war und durfte dann daran mitschreiben und der Szene eine etwas andere Seele einhauchen. Wir haben sie viermal gedreht und beim zweiten oder dritten Take hat es mich persönlich gerissen. Ich habe weitergespielt, aber ich konnte meine privaten Emotionen nicht mehr kontrollieren.
So etwas passiert vermutlich nicht so oft.
Nein, weil ich gut unterscheiden kann, was Arbeit und was privat ist. Aber wenn man so viel vom Völkermord in Bosnien weiß und diese Worte spricht, geht es nicht anders.
Wie viel von Ihrem emotionalen Ausnahmezustand vor der Kamera war am Ende im Film zu sehen?
Von diesem Take war am Ende nur ein Bruchteil zu sehen. Der Regisseur, Stefan Schaller, hat gespürt, wie viel private Betroffenheit dabei war. Diese Form der Seelenschau gehört nicht unbedingt in einen Film. Dementsprechend haben es nur ein paar Aufnahmen davon in den Film geschafft. Bei den anderen Takes konnte ich meine Emotionen, die es für so eine Szene braucht, zum Glück gut steuern.
Wenn ich etwa „meinen“ Bundeskanzler vom Stadtbild sprechen höre, von Paschas, da wird mir schlecht.
Edin Hasanovic
Wie politisch darf oder muss der „Tatort“ sein?
Ich denke, nicht jede Form der Kunst muss immer politisch sein. Mit der Schauspielerei kann man durch Emotionen Menschen erreichen und zum Nachdenken anregen – ohne den moralischen Zeigefinger. Das können Bilder, das kann Musik, das kann Film, das kann Theater, das kann eine Oper, das kann ein Roman. Und das kann auch ein „Tatort“. Ich finde es sehr gut und richtig, dass der „Tatort“, der jeden Sonntag so viele Menschen erreicht, auch mal politisch ist.
Schon immer hatten wir Kriege auf der Welt und es gab schlechte Menschen. Für alle, die mit Aufmerksamkeit und offenem Herzen auch für andere Menschen durch die Welt gehen, heißt es immer „gerade jetzt“. Für mich fühlt sich die aktuelle Zeit extrem herausfordernd an, sie ist barbarisch und verletzend. Wenn ich etwa „meinen“ Bundeskanzler vom Stadtbild sprechen höre, von Paschas, da wird mir schlecht. Ich mache den „Tatort“ daher nicht nur für Schulterklopfer und Ego, sondern auch aus anderen Motiven.










