Die AfD-Fraktion hat entschieden, mehreren Anträgen der Union zur Migrationspolitik zuzustimmen.
Die AfD-Fraktion will mehrere Anträge der Union zur Migrationspolitik in dieser Woche unterstützen. Das entschied die Fraktion am Dienstagnachmittag in ihrer wöchentlichen Sitzung. Am Tag zuvor hatte der Fraktionsvorstand bereits eine entsprechende Empfehlung beschlossen. Mehr zum Beschluss des Vorstands lesen Sie hier.
Damit könnte die „Brandmauer“ im Bundestag fallen. Die AfD sieht ihre Chance, nach acht Jahren im Bundestag erstmals Mehrheitsbeschaffer bei einem Gesetz und mehreren Anträgen sein zu können. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, zeigte sich am Dienstagmorgen in einer Pressekonferenz erfreut: Diese Woche sei „vielleicht die spannendste Sitzungswoche, seit die AfD im Bundestag ist“, so Baumann.
CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Union wolle mehrere Anträge zur Migrationspolitik einbringen – unabhängig davon, ob es Mehrheiten mit oder ohne die AfD gebe. „Es ist jetzt wirklich Zeit, Entscheidungen zu treffen“, bekräftigte er am Montag. Und: „Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen.“
Die AfD und die Union haben keine eigene Mehrheit im Bundestag. Auch die FDP müsste zustimmen – und zusätzlich noch einige andere Abgeordnete, zum Beispiel von BSW oder aus den Reihen der Fraktionslosen. FDP und BSW haben bereits Zustimmung zu einem oder mehreren Anträgen der Union signalisiert.
Kommt es so zu einer vorhersehbar knappen Mehrheit, wäre es das erste Mal im Bundestag, dass die AfD den Ausschlag gibt.
Drei Anträge sind es inzwischen, über die die Union noch in dieser Woche abstimmen lassen will: einen Entschließungsantrag für einen „Fünf-Punkte-Plan“, einen zur Inneren Sicherheit und einen Gesetzesantrag zur „Zustrombegrenzung“.
Der „Fünf-Punkte-Plan“ verlangt unter anderem „dauerhafte Grenzkontrollen“ zu den Nachbarstaaten sowie die „Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise“. Dies soll auch für Asylsuchende gelten. Das „Zustrombegrenzungsgesetz“ sieht das Ende des Familiennachzugs bei subsidiär Schutzberechtigten vor, die kein Asyl erhalten, aber aus anderen Gründen vorerst in Deutschland bleiben dürfen.
Die AfD will dem Gesetzesantrag zur „Zustrombegrenzung“ sowie dem „Fünf-Punkte-Plan“ zustimmen, obwohl Letzterer Passagen enthält, die die AfD explizit kritisiert. Dort heißt es unter anderem: „Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.“
AfD-Chef Tino Chrupalla sagte dazu kurz vor der Fraktionssitzung, die Partei sei „Schmerzen“ und „Beschimpfungen“ gewohnt. In der AfD folge man der Regel: „Erst das Land, dann die Partei, dann die Person.“
Den Unions-Antrag zur Inneren Sicherheit will die AfD, wenn möglich, in einzelnen Punkten abstimmen lassen. Darin wird zum Beispiel die Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung und stärkerer Überwachung erhoben – Inhalte, die die AfD ablehnt.
Die Anträge zur Inneren Sicherheit und Merz‘ „Fünf-Punkte-Plan“ haben eher appellativen Charakter. Auch in der AfD werden sie von manchem als „Theater“ kritisiert. Relevanter ist der Gesetzesantrag zur „Zustrombegrenzung“.
Er wurde von der Union bereits im September in den Bundestag eingebracht, im zuständigen Innenausschuss behandelt und könnte nun am Freitag abschließend im Plenum beraten werden. Er würde nicht nur den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte beenden, sondern auch der Bundespolizei mehr Rechte zubilligen.
Im Anschluss an den Bundestag müsste auch der Bundesrat noch zustimmen. Hier droht Merz offenbar Gegenwind aus der eigenen Partei: Daniel Günther, CDU-Regierungschef von Schleswig-Holstein, soll laut Berichten in einer Sitzung der CDU angekündigt haben, im Bundesrat nicht für das Gesetz stimmen zu wollen, sollte es mit Stimmen der AfD beschlossen werden.