
Gesundheitsausgaben
Drei Euro pro Praxisbesuch? Breite Ablehnung
Aktualisiert am 29.12.2025 – 15:03 UhrLesedauer: 3 Min.
Wie sind steigende Milliardenkosten für die medizinische Versorgung zu begrenzen? Vorschläge von Kassenärzten und Kliniken zielen auf mehr eigene Zahlungen der Patienten. Das trifft auf Widerspruch.
Angesichts steigender Kosten im Gesundheitswesen flammt die Debatte über Extra-Gebühren für Patienten in Praxen und Kliniken wieder auf. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, forderte eine „Kontaktgebühr“ von drei oder vier Euro für Praxisbesuche. Von Patientenvertretern, Krankenkassen, der Opposition und der mitregierenden SPD kam umgehend scharfer Widerspruch. Das Bundesgesundheitsministerium verwies auf erwartete Vorschläge einer Reformkommission im neuen Jahr.
Gassen sagte der „Bild“, statt einer früher einmal erhobenen Praxisgebühr könnte es künftig als Eigenbeteiligung bei Arztbesuchen eine Kontaktgebühr geben. „Sie könnte, wie zum Beispiel in Japan, bei drei oder vier Euro liegen und sollte von den Krankenkassen eingezogen werden.“ Ein Sprecher von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte, man könne mit Sicherheit davon ausgehen, dass über solche Vorschläge in der Kommission debattiert werde. Einzelne Maßnahmen kommentiere man derzeit jedoch nicht.
Forderungen nach neuen Gebühren, die auch die Zahl der Arztbesuche senken sollen, kommen bereits von mehreren Seiten. So schlug die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) eine „Kontaktgebühr bei jedem Arztkontakt“ vor. Dies würde eine bessere Steuerungswirkung entfalten als die einstige allgemeine Praxisgebühr. Die Zahl unnötiger Arztbesuche und „Ärzte-Hopping“ könnten vermieden und damit Wartezeiten verkürzt und Praxen entlastet werden, hieß es in einem BDA-Positionspapier von Oktober.
Eine generelle Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal hatte es für gesetzlich Versicherte von 2004 bis 2012 gegeben. Sie brachte rund zwei Milliarden Euro pro Jahr ein. Auch viele Ärztinnen und Ärzte kritisierten aber den Aufwand, die Gebühr am Praxistresen einzukassieren. Gassen sprach sich denn auch „statt einer Praxisgebühr“ für eine Gebühr aus, die die Kassen einziehen. Sie müsse zudem „sozial verträglich gestaltet werden, damit niemand überfordert wird“.
Der Sozialverband Deutschland wies die Forderung als unsolidarisch und sozial ungerecht zurück. „Sie würde besonders chronisch kranke Menschen und Menschen mit geringem Einkommen treffen, die auf eine verlässliche medizinische Versorgung angewiesen sind“, sagte Vorstandschefin Michaela Engelmeier. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte: „Patienten und gesetzlich Krankenversicherte sind schon jetzt die Melkkühe der Nation.“ Er monierte, dass bei steigenden Einnahmen der Praxen „für gute oder schlechte Leistung das gleiche Geld bezahlt“ werde.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen nannte stete Rufe nach einer Extra-Gebühr nur dafür, überhaupt Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin zu haben, ein Ablenkungsmanöver. „Statt über Reformen zu sprechen, die dann auch die Ärzteschaft betreffen würden, wird auf die Patientinnen und Patienten verwiesen“, sagte Sprecher Florian Lanz. Der Grünen-Fachpolitiker Janosch Dahmen sagte der „Rheinischen Post“, jede Gebühr bedeute Abrechnung, Kontrolle, Ausnahmen und Streitfälle. Das belaste Praxen, die am Limit arbeiten, und schaffe neue Verwaltungskosten, statt Probleme zu lösen.









