Union, SPD und Grüne beschließen im Bundestag das Milliardenpaket. Die Kanzlerschaft scheint Friedrich Merz damit sicher zu sein. Doch die Kritik an ihm ist schon jetzt riesig – von allen Seiten.
Als es endlich losgeht, richtet Friedrich Merz seinen Schlips, stellt das Handy lautlos und legt es auf den Tisch. Er muss noch einige Minuten sitzenbleiben, SPD-Chef Lars Klingbeil ist vor ihm dran. „Wir investieren in die Stärke unseres Landes“, sagt Klingbeil zum Milliardenpaket, das der Bundestag später beschließen wird. Zu dem Paket, das in den Geschichtsbüchern vor allem mit einem Namen verbunden werden wird: Friedrich Merz.
Statt aufmerksam zuzuhören, studiert Merz deshalb noch mal sein Redemanuskript, notiert etwas am Rand, klatscht zwischendurch mal langsam in die Hände, so viel Respekt muss sein. Er weiß natürlich, wie wichtig das hier heute ist. Ohne diesen Dienstag im März, ohne die Einigung mit SPD und Grünen und ohne die vielen Milliarden, wäre Merz schon das erste Mal gescheitert, bevor er überhaupt zum Kanzler gewählt ist. Gut möglich, dass es ohne das alles gar keinen Kanzler Friedrich Merz geben würde.
Zum Feiern aber scheint Friedrich Merz nicht zumute zu sein. Als er wenig später am Rednerpult steht, verteidigt er sich vor allem. Sich und seine 180-Grad-Schuldenwende, die ihm auch in seiner CDU noch viele übelnehmen. „Für eine solche Verschuldung lässt sich nur unter bestimmten Bedingungen eine Rechtfertigung finden“, sagt Merz. Und diese Bedingungen hätten sich in den letzten Wochen eben „deutlich verschärft“.
„Pinocchio Fritze“, ruft der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner irgendwann dazwischen. Er wird dafür zur Ordnung gerufen. Doch nicht nur die AfD will Friedrich Merz das alles nicht einfach so durchgehen lassen. Es wird noch ungemütlich für ihn.
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Merz: „Ein Krieg auch gegen unser Land“
Friedrich Merz hat etwas zu erklären, das ist so, und das weiß er auch. Warum, lautet die Frage, hat er es vor der Wahl nicht für nötig gehalten, neue Schulden für Verteidigung und Infrastruktur zu machen? Und warum will er genau das nach der Wahl plötzlich doch? Und zwar so sehr, dass er an diesem Dienstag mit den Mehrheiten des alten Bundestages noch schnell Grundgesetzänderungen beschließt, um die Schuldenbremse zu reformieren und einen 500-Milliarden-Schuldentopf einzurichten?
Nun, sagt Merz wie schon in den vergangenen Wochen: Die Umstände hätten sich eben geändert. Sie würden „vor allem von Putins Angriffskrieg gegen Europa bestimmt“, argumentiert der Wohl-bald-Kanzler. „Es ist ein Krieg auch gegen unser Land, der täglich stattfindet.“ Mit Angriffen auf Datennetze, Brandanschlägen, Auftragsmorden, Spähangriffen, Desinformationskampagnen und vielem mehr.
Die deutsche Gesellschaft habe sich über mindestens ein Jahrzehnt „in einer trügerischen Sicherheit gewähnt“, sagt Merz. Es seien „Angriffe auf unsere offene Gesellschaft“, gegen die man sich „mit allem“ zur Wehr setzen müsse. Die neuen Milliarden seien „nicht weniger“ als der „erste große Schritt hin zu einer neuen europäischen Verteidigungsgemeinschaft“.
Auch das Sondervermögen, die Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz, ließen sich „nur unter den gegebenen Umständen und Bedingungen rechtfertigen“, sagt Merz. Nämlich dem Investitionsstau in Deutschland. Das Versprechen sei, dass den Menschen künftig wieder „ein handlungsfähiger Staat zur Seite“ stehe. Damit, sagt Merz, ließen sich die Grundgesetzänderungen „gut begründen“.