Rückkehr nach 30 Jahren
Ex-Linksextremisten für Anschlagspläne vor Gericht
17.03.2025 – 08:32 UhrLesedauer: 2 Min.
Knapp drei Jahrzehnte nach einem verhinderten Anschlag in Berlin stehen zwei Ex-Mitglieder der linksextremistischen Gruppe „K.O.M.I.T.E.E.“ vor Gericht. Ein juristischer Kniff ermöglicht den späten Prozess.
Fast genau 30 Jahre nach einem gescheiterten Sprengstoffanschlag auf einen Gefängnisbau in Berlin beginnt der Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitglieder der linksextremistischen Gruppe „K.O.M.I.T.E.E.“. Für das Verfahren am Montag vor dem Berliner Kammergericht sind die Beschuldigten Peter Krauth (65) und Thomas Walter (62) aus ihrem Exil in Venezuela nach Deutschland zurückgekehrt.
Die Bundesanwaltschaft hatte im Dezember 2024 Anklage gegen die mutmaßlichen Linksextremisten erhoben. Sie seien „hinreichend verdächtig, sich zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verabredet zu haben“, hieß es damals von der obersten deutschen Anklagebehörde.
Die Beschuldigten hätten sich spätestens im Herbst 1994 mit einem dritten, inzwischen verstorbenen Komplizen, Bernhard Heidbreder, zu der linksextremistischen Vereinigung zusammengeschlossen, so die Bundesanwaltschaft. Ihr Ziel sei es gewesen, gesellschaftspolitische Veränderungen durch Brand- und Sprengstoffanschläge auf staatliche Einrichtungen herbeizuführen.
Laut Staatsanwaltschaft haben die beiden Angeklagten gemeinsam mit einem Komplizen im April 1995 einen Anschlag auf das im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau geplant. Dafür sollen sie mehr als 120 Kilogramm Sprengstoff in Propangasflaschen gefüllt und diese mit Zeitzündern präpariert haben.
Zum Anschlag selbst kam es nicht: Auf einem Parkplatz in der Nähe der Haftanstalt sollten die Sprengvorrichtungen umgeladen werden – doch eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife kam dazwischen. Die Männer flüchteten.
Krauth und Walter erhielten Asyl in Brasilien. Die Ermittler spürten ihren Komplizen nach fast 20 Jahren in Venezuela auf. Ein deutsches Auslieferungsgesuch blieb jedoch erfolglos. Deutsche Behörden unterbreiteten dem Gesuchten mehrere Angebote, darunter die Zusicherung eines beschleunigten Verfahrens und einer milderen Strafe – bislang ohne Erfolg.
Erst jetzt waren die beiden Verbliebenen offenbar bereit, sich einem Richter zu stellen. Inzwischen ist das Duo jedoch wieder in Deutschland. Vorausgegangen war laut Rechtsanwalt Lukas Theune eine sogenannte Verständigung. Demnach können die Angeklagten bei einem Geständnis mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Solche Absprachen im Strafprozess sind in geeigneten Fällen zulässig. Sie sollen vor allem die Arbeitsbelastung der Justiz mindern, bieten aber auch Angeklagten Vorteile.
Die beiden wurden bei ihrer Ankunft am Hauptstadtflughafen BER aufgrund des bestehenden Haftbefehls festgenommen. Sie befinden sich derzeitig im Gefängnis Moabit in Untersuchungshaft. Die Verteidigung kündigte jedoch an, zum Prozessauftakt eine Entlassung aus der Haft zu beantragen.
Dass es überhaupt nach fast 30 Jahren noch zum Prozess kommt, geht aus Sicht der Verteidigung auf einen „Trick“ der Bundesanwaltschaft zurück. Sie wirft dem Duo nicht Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder den geplanten Anschlag in Grünau vor, sondern eine Verabredung zur Tat. Damit ist die Tat nicht nach 20 Jahren verjährt. Beschwerden dagegen blieben beim Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht ohne Erfolg, so der Rechtsanwalt Theune.
Für den Prozess vor dem 2. Strafsenat des Kammergerichts hat der Vorsitzende Richter Gregor Herb bislang insgesamt vier Tage angesetzt. Ein Urteil wird demnach am 8. April erwartet.