„Detox“ für die Leber mit Nahrungsergänzungsmitteln: Die Hersteller verschiedener Entgiftungskuren versprechen viel. Doch wie wirksam sind die Produkte?
Nahrungsergänzungsmittel zum Leberentgiften sind im Trend. Die Kuren sollen die Leberfunktion unterstützen, Giftstoffe ausschwemmen und sogar einer Fettleber entgegenwirken können. Zum Einsatz kommen Heilpflanzen wie Mariendistel, Löwenzahn und Artischocke. Wie gut können sie die Leber entlasten? Verbraucherschützer sind kritisch.
Die Leber ist ein unverzichtbares Stoffwechselorgan. Sie unterstützt die Verdauung, indem sie Gallensäure für die Fettverdauung bildet und in der Gallenblase speichert. Sie wandelt Nährstoffe aus der Nahrung um, speichert sie und gibt sie bei Bedarf an die Körperzellen ab:
- Beim Fettstoffwechsel bauen die Leberzellen Fette ab und erzeugen damit Energie.
- Beim Kohlenhydratstoffwechsel sorgt unter anderem die Leber dafür, dass der Zuckerspiegel im Blut (Blutglukose) konstant bleibt.
- Beim Eiweißstoffwechsel wandeln die Leberzellen Aminosäuren aus der Nahrung so um, dass aus ihnen Energie gewonnen werden kann.
Außerdem kommt der Leber eine wichtige Filterfunktion zu. Das Organ reinigt das Blut von Giftstoffen, etwa Alkohol- und Medikamenten-Abbauprodukten. Auch körpereigene Giftstoffe baut die Leber in ungiftige um, sodass sie über die Nieren ausgeschieden werden können. Zum Beispiel giftiges Ammoniak, das bei der Verstoffwechselung von Aminosäuren entsteht. Ebenso baut die Leber alte Blutkörperchen ab. Kurz: Ohne Leber kann man nicht leben.
Es liegt nahe, dass man das wertvolle Organ schützen und entlasten möchte. Hersteller verschiedener Nahrungsergänzungsmittel haben sich diesen Wunsch zunutze gemacht. Sie bieten spezielle Produkte für Leberkuren an. Sie sollen die Leber von Giftstoffen befreien, ihre Stoffwechselfunktion fördern und ihre Leistungsfähigkeit stärken. Leber-Detox hat das Ziel, einen schlechten Lebensstil auszugleichen, die Leber bei der Regeneration zu unterstützen und vor Lebererkrankungen zu schützen.
Die häufigste Leberkrankheit ist die oft beschwerdefreie Fettleber (Steatosis hepatis). Ärzte unterscheiden die alkoholische von der nicht-alkoholischen Fettleber. Die nicht-alkoholische Fettleber ist die Folge eines schlechten Lebensstils. Zu den größten Risikofaktoren einer nicht-alkoholischen Fettleber gehören der Deutschen Leberstiftung zufolge:
- ungesunde Ernährung
- Übergewicht (insbesondere Bauchfett)
- erhöhte Blutfettwerte
- erhöhte Blutzuckerwerte (gestörter Zuckerstoffwechsel, Diabetes mellitus)
- Bluthochdruck
- Bewegungsmangel
Die alkoholische Fettleber ist die Folge von langfristigem, übermäßigem Alkoholkonsum. Rund ein Drittel der Erwachsenen hat laut der Deutschen Leberstiftung eine durch Fetteinlagerung vergrößerte Leber – die Zahl nehme stetig zu. Auch habe bereits jedes dritte übergewichtige Kind eine nicht-alkoholische Fettleber.
Es klingt verlockend, mit Nahrungsergänzungsmitteln den Körper zu entgiften, die Leber zu stärken und einer Fettleber entgegenzuwirken. Doch Fakt ist: In einem gesunden Körper sammeln sich keine Giftstoffe und Schlacken an. Der Körper braucht keine Entgiftung – so das Fazit verschiedener Experten, darunter die Verbraucherzentralen, das Verbrauchermagazin „Öko-Test“ sowie die Stiftung Warentest. Die Ansammlung von Giftstoffen sei wissenschaftlich nicht bewiesen.
Und die Verbraucherschützer haben noch weitere Bedenken: In der Regel seien weder die Nahrungsergänzungsmittel selbst mit ihren jeweiligen Zusammensetzungen in seriösen Studien auf eine mögliche Entgiftungswirkung untersucht worden noch die einzelnen Zutaten, schreibt die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Die angebotenen Produkte zur Leberentgiftung könnten unter Umständen nicht nur wirkungslos, sondern möglicherweise sogar gesundheitsschädlich sein.
Häufig sind Pflanzenstoffe wie Artischocke, Mariendistel, Löwenzahn, Brennnessel, Schachtelhalm, grüner Hafer, Bitterstoffe sowie eine Reihe weiterer Substanzen enthalten. Oft ist die genaue Menge der enthaltenen Stoffe unklar. Auch mögliche Schadstoffe sind nicht auszuschließen.
Ebenso sind kritische Wechselwirkungen mit Medikamenten denkbar: Die Inhaltsstoffe – vor allem stark konzentrierte oder unreine Pflanzensubstanzen – könnten beispielsweise mit gleichzeitig eingenommenen Arzneimitteln zu gefährlichen unerwünschten Wirkungen führen. Bei der Verwendung von Detox-Produkten sei daher Vorsicht geboten, so die Verbraucherschützer.
Wichtig zu wissen ist auch: Nahrungsergänzungsmittel sind nicht dazu gedacht, Krankheiten oder Beschwerden zu behandeln.
Wer über längere Zeit Produkte mit entwässernden Zutaten wie Wacholderbeeren, Brennnessel, Schachtelhalm, grüner Hafer und Löwenzahn einnehme, müsse zudem mit einer erhöhten Mineralstoff-Ausscheidung und damit mit Störungen des Elektrolythaushalts rechnen.
Die klare Empfehlung: Vor der Einnahme von Detox-Produkten sollte man mit einem Arzt oder Apotheker über mögliche unerwünschte Wirkungen sprechen. Wichtig ist das besonders für Menschen, die Medikamente einnehmen, chronisch kranke Personen sowie Schwangere und stillende Frauen. Auch Kinder sollten ohne kinderärztliche Absprache keine Nahrungsergänzungsmittel bekommen.