Eine jahrhundertealte Prophezeiung behauptet, der Weltuntergang sei mit dem Ende des aktuellen Pontifikats verbunden. Historiker und Theologen sind jedoch uneins über deren Deutung.
Für Apokalyptiker stand fest: Am 21. Dezember 2012 geht die Welt unter. So stehe es eindeutig im Maya-Kalender. Nun, die Welt tat es nicht, vielleicht hatten sich die Maya verrechnet. Jetzt könnte laut einer jahrhundertealten Voraussagung die Apokalypse erneut bevorstehen – und sie hat etwas mit dem Papst zu tun.
Grundlage dafür sind die sogenannten Papstweissagungen des Malachias, eines irischen Heiligen aus dem 12. Jahrhundert. In 112 Sinnsprüchen wird dabei jeweils ein Pontifikat skizziert, beginnend mit der Amtszeit von Papst Cölestin II. (1143–1144). Mittlerweile ist sich die Forschung aber über zwei Dinge einig. Erstens: Die Weissagungen stammen definitiv nicht von Malachias. Und zweitens: Die Weissagungen bis zum 71. Sinnspruch sind höchstwahrscheinlich Fälschungen, die erst nachträglich in die Sammlung hinzugefügt wurden. Erwähnt wurde die Sammlung erstmals 1595, also rund 400 Jahre nach der Amtszeit des Papstes, dem der erste Sinnspruch gewidmet ist.
Demnach beginnen die tatsächlichen Voraussagungen, also die Sinnsprüche, die vor dem jeweiligen Papst geschrieben wurden, mit Gregor XIII. (Pontifikat von 1572 bis 1585). Was den Urheber angeht, gibt es verschiedene Theorien. Für Goethe und Papst Clemens XIV. (Pontifikat 1769 bis 1774) war es eindeutig: Der heilige Philipp Neri habe sie verfasst, der tatsächlich schon zu Lebzeiten berühmt wurde, weil er regelmäßig den Ausgang von Papstwahlen richtig voraussagte.
Wie gesagt, enden die Voraussagen mit Sinnspruch 112. Dessen beunruhigender Inhalt in deutscher Übersetzung: „Petrus der Römer, der weiden wird seine Schafe in vielen Bedrängnissen; wenn diese vorüber sind, wird die siebenhügelige Stadt zerstört werden, und der schreckliche Richter wird sein Volk richten. Ende.“
Einig sind sich Theologen, dass damit der Beginn des Weltuntergangs beschrieben wird. Doch bei den Einzelheiten beginnen die Interpretationen. Petrus ist der Papst. Aber der Zusatz „der Römer“ sorgt für unterschiedliche Theorien. Für die einen wird der letzte Papst ein gebürtiger Römer sein, für die anderen ist es nur ein Hinweis, dass sich die Weissagung auf den Papst in Rom bezieht. Denn im Mittelalter gab es zuweilen Gegenpäpste, die in anderen Städten wie Avignon residierten.
Gegenpäpste werden außerhalb der regulären kirchlichen Wahlverfahren als Papst ernannt oder ausgerufen. Meist geschieht dies in Zeiten kirchlicher Spaltungen oder politischer Machtkämpfe. Solche Gegenpäpste wurden oft von bestimmten Fraktionen unterstützt, die den amtierenden Papst nicht anerkannten. Besonders häufig kam es im Mittelalter zu solchen Rivalitäten. So wurde Clemens VII. 1378 in Fondi (Italien) von einigen Kardinälen zum Gegenpast von Urban VI. gewählt.
Der nächste strittige Punkt: die siebenhügelige Stadt. Naheliegend ist damit Rom gemeint. Einige Theologen sehen darin jedoch einen Bezug zu Babylon, das für eine verkommene Welt und die darauffolgende Apokalypse steht.
Und wann geht die Welt nun unter? Selbst da sind sich Theologen uneinig. Denn es kommt auf die Zählung an, auf Päpste und Gegenpäpste. Die bislang anerkannte Reihenfolge sieht in Franziskus den letzten Papst, nach ihm folgt die Zerstörung.
Andere Historiker und Theologen halten die Zählung aber für falsch, weil Gegenpäpste mitberücksichtigt worden seien, die aber in der Liste als Kirchenoberhäupter gar nichts zu suchen hätten. So schreibt der ehemalige Bayreuther Geschichtsprofessor Hermann Hiery, dass eine Überprüfung ergebe, „dass drei angebliche enthaltene Gegenpäpste mit der ursprünglichen Prophezeiung nichts zu tun haben können.“
Zudem seien die Sinnsprüche mit der neuen Reihenfolge viel passender. Auf Johannes Paul II. kommt nun „pastor et nauta“ („Hirte und Seemann“). Für den Theologen Dr. Joachim Heimerl sei das Motto ein deutlicher Hinweis auf die über 100 Reisen, die Johannes Paul II. in seiner Amtszeit unternommen hat.
Nach dieser neuen Rechnung würden auf Papst Franziskus noch drei Päpste bis zum Weltuntergang folgen. Wir hätten also noch etwas Zeit. Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. wurde übrigens zu Lebzeiten danach gefragt, was er von der Weissagungen halte.
Seine Einschätzung macht jedenfalls Hoffnung und ist eher rationaler Natur: „Diese Prophezeiung entstand vermutlich in den Kreisen um Philipp Neri. Damals behaupteten die Protestanten, dass das Papsttum vorbei sei, und er wollte lediglich mit einer sehr langen Liste von Päpsten beweisen, dass dies nicht der Fall sei. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es wirklich enden wird. Vielmehr war seine Liste immer noch nicht lang genug!“