Bürgerschaftswahl 2025
AfD in Hamburg: Warum sie insgesamt schwach, aber punktuell stark ist
03.03.2025 – 13:08 UhrLesedauer: 3 Min.
Während die AfD in vielen Teilen Deutschlands zweistellige Wahlergebnisse erzielt, bleibt sie in Hamburg insgesamt unter zehn Prozent. In einigen Stadtteilen sieht das allerdings anders aus.
Im Vergleich zum Rest der Republik hat es die AfD in der Hansestadt weiterhin schwer. Sie hat bei der Bürgerschaftswahl schlechter abgeschnitten als viele Prognosen vermuten ließen. Doch auch in Hamburg kann die rechtspopulistische Partei zulegen und erzielt in manchen Stadtteilen Ergebnisse, die anderen Regionen Deutschlands in nichts nachstehen.
Warum bleibt Hamburg für die AfD insgesamt ein schwieriges Pflaster – und wo schneidet die Partei dennoch gut ab?
Während die AfD auf dem Land oder in strukturschwachen Regionen aufgrund von wirtschaftlicher Unsicherheit punkten kann, fehlt ihr in Hamburg eine starke stadtweite Wählerbasis. Hamburg ist die zweitgrößte Stadt der Republik mit einer starken internationalen Prägung, einer hohen Akademikerquote und einer traditionell starken sozialdemokratischen und liberalen Wählerschaft.
Die Kernthemen der AfD – Migration, EU-Skepsis und eine angebliche Benachteiligung der „einheimischen“ Bevölkerung – finden hier insgesamt weniger Anklang. Der größte Seehafen Deutschlands profitiert stark vom internationalen Handel, der Globalisierung und der Zuwanderung – all das lehnt die AfD in ihrer politischen Ausrichtung jedoch ab.
Ein weiteres Hindernis für die AfD in Hamburg ist die wirtschaftliche Lage. In Bundesländern mit hoher Arbeitslosigkeit oder Strukturproblemen gewinnt die Partei häufig Proteststimmen.
Hamburg hat hingegen eine starke Wirtschaft, eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote und eine hohe Lebensqualität. Die AfD aber lebt von Zukunftsängsten – in einer Stadt mit insgesamt stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen ist diese Angst weit weniger verbreitet.
Hamburg ist traditionell eine Hochburg von SPD und Grünen. Die rot-grüne Ampelregierung wird als handlungsfähig wahrgenommen und kann Wähler auffangen, die in anderen Bundesländern möglicherweise zur AfD abwandern würden.
Zudem gibt es eine aktive Zivilgesellschaft, die sich klar gegen Rechtspopulismus positioniert. Großdemonstrationen gegen AfD-Veranstaltungen sind in Hamburg keine Seltenheit, wie zuletzt beim Besuch der von Alice Weidel oder nach der Abstimmung der CDU mit Stimmen der AfD im Bundestag.
Dennoch gibt es auch in Hamburg Gegenden, in denen die AfD bei der vergangen und auch der jetzigen Bürgerschaftswahl gut bis sehr gut abgeschnitten hat. Deutlich verbessern konnte sie ihr Ergebnis in Stadtteilen wie Neuallermöhe (2020/25: 11,4/20,9 Prozent) und Billstedt (10,5/14,2 Prozent) im Osten oder Neuland/Gut Moor (11,8/19,8 Prozent) und Hausbruch (11,3/17,4 Prozent) im Süden der Stadt.
Ein Blick auf die Wahlkreise zeigt, dass der Wahlkreis Süderelbe, zu dem auch Hausbruch gehört, mit 13,5 Prozent die klare Hochburg der AfD in der Stadt ist. Auch im Wahlkreis Bergedorf (12,8 Prozent), zu dem Neuallermöhe gehört, und im Wahlkreis Billstedt – Wilhelmsburg – Finkenwerder (11,5 Prozent) legten die Rechtspopulisten zu.
Einige dieser Stadtteile zeichnen sich durch höhere Arbeitslosenzahlen aus. Sie haben auch einen geringeren Anteil an Akademikern. Sie gehören nicht zu den innerstädtischen Szene-Vierteln, wie die Schanze, St. Pauli oder Eimsbüttel – Gegenden, in die auch viele Studenten ziehen oder die von besserverdienenden Zugezogenen bevorzugt werden. So holte die AfD gerade mal zwei Prozent auf der Sternschanze sowie 2,6 Prozent in Eimsbüttel und 3,3 Prozent auf St. Pauli.
Dauerbrenner wie Wohnungsknappheit, steigende Mieten und soziale Ungleichheit sorgen auch in Hamburg für Unmut. Der Zuzug von Migranten fördert in einigen Stadtteilen soziale Spannungen, die die AfD in Wählerstimmen ummünzt. In den Vierteln des Ostens und Südens fühlen sich diejenigen, die vielleicht noch zum Mittelstand gehören, eher vom Abstieg bedroht.
In einigen Stadtteilen Hamburgs, so auch in Billstedt, liegen Straßenzüge mit Einfamilienhäusern direkt neben Großwohnsiedlungen – wie in Mümmelmannsberg. Das sind Spannungsfelder, in denen die AfD Stimmen gewinnt.
Was auch auffällt: Einige der Gegenden haben relativ hohen Migrantenanteil. In vielen Vierteln, in denen die AfD Erfolge feiert, kommt es gerade deswegen zu Spannungen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Hamburger AfD-Hochburgen von den Wahlkreisen in Ostdeutschland, wo es oftmals nur wenige Migranten gibt.