Fast alle Menschen in Deutschland tragen sie in sich: die Erreger von Lippenherpes. In der Schwangerschaft kann das problematisch sein. Was das bedeutet.
Lippenherpes (Fachbegriff: Herpes labialis) entsteht durch eine Infektion mit Herpes-simplex-Viren. Wer sich einmal mit ihnen infiziert hat, trägt sie lebenslang in sich. Meist sind die Viren inaktiv, doch sie können jederzeit erneut aktiv werden und Symptome auslösen. So ein Ausbruch ist zwar oft unangenehm, aber normalerweise nach ein bis zwei Wochen wieder vorbei – auch ohne Behandlung.
Während die Erstinfektion mit Herpes simplex bei Erwachsenen und älteren Kindern unauffällig verläuft, verursacht sie bei Kleinkindern häufig heftigere Beschwerden, da das Immunsystem in dem Alter noch keine Antikörper gegen das Virus gebildet hat. Für Babys kann die Infektion sogar lebensbedrohlich sein. Bei Lippenherpes in der Schwangerschaft ist daher Vorsicht geboten.
Dass Lippenherpes in der Schwangerschaft erneut ausbricht, kommt häufig vor. Das Risiko, dass die Herpes-simplex-Viren während eines solchen Ausbruchs vor oder bei der Geburt von der Mutter zum Kind gelangen, ist aber gering. Das ändert sich allerdings nach der Geburt: Ohne sorgfältige Hygiene kann das Baby sich dann leicht über direkten oder indirekten Kontakt mit Herpesbläschen infizieren und schwer erkranken.
Zudem kann Lippenherpes in der Schwangerschaft fürs Baby gefährlich werden, weil die Viren von den Lippen auf den Genitalbereich übertragbar sind (etwa durch Berührungen oder über Handtücher und andere Gegenstände) und dort Genitalherpes auslösen können: Dann besteht bei vaginaler Entbindung ein hohes Risiko, dass sich das Kind während der Geburt infiziert. Seltener führen Herpesbläschen im mütterlichen Genitalbereich auch kurz vor der Geburt (durch aufsteigende Viren) oder danach (durch direkten oder indirekten Kontakt) zur Infektion des Kindes.
Vereinzelt passiert dies sogar zu einem früheren Zeitpunkt der Schwangerschaft. Eine solche Übertragung durch die Plazenta hindurch (Fachbegriff: diaplazentare Infektion) hat schwerwiegende Folgen: Neben einem geringen Geburtsgewicht und wiederkehrenden blasigen Hautausschlägen haben viele betroffene Kinder etwa einen kleinen Kopf und Augenschäden (wie abnorm kleine Augen, grauen Star und eine Entzündung der Netz- und Aderhaut).
Die Übertragung von Herpes simplex vom Genitalbereich der Mutter zum Kind ist am wahrscheinlichsten, wenn sich die Mutter in der Spätschwangerschaft das erste Mal mit dem Virus infiziert. Trat der Genitalherpes (oder ein durch dasselbe Virus ausgelöster Lippenherpes) schon einmal in der Frühschwangerschaft oder vor der Schwangerschaft auf, ist das Infektionsrisiko hingegen geringer.
Für gewöhnlich ist bei Lippenherpes in der Schwangerschaft keine besondere Behandlung nötig. Ein Ausbruch bei Schwangeren endet meist ebenso wie bei allen anderen gesunden Menschen nach spätestens zwei Wochen von selbst. Bis es so weit ist, sollten Schwangere jedoch unbedingt auf eine sorgfältige Hygiene achten, um die Viren nicht von den Lippen auf den Genitalbereich zu übertragen.
Ist der Lippenherpes nach der Schwangerschaft noch nicht völlig abgeheilt, gilt es zudem, eine Übertragung auf das Neugeborene zu vermeiden. Betroffene sollten daher
Bei der Geburt selbst erfordert Lippenherpes in der Schwangerschaft hingegen keine speziellen Vorsichtsmaßnahmen. Anders sieht es aus, wenn die Schwangere Genitalherpes hat: In dem Fall ist eine gezielte Therapie mit virushemmenden Medikamenten ratsam (etwa mit dem Wirkstoff Aciclovir). Bei Infektionen in der Frühschwangerschaft können die Herpesbläschen dann bis zur Entbindung oft vollständig abheilen, sodass eine normale Geburt möglich ist.
Zeigt sich der Genitalherpes erst etwa ab der Mitte des letzten Schwangerschaftsdrittels, ist hingegen eine Geburt per Kaiserschnitt üblich, um das Infektionsrisiko fürs Kind zu minimieren. Schwangere, die schon öfter Herpesbläschen im Genitalbereich hatten, können aber vorbeugend einen Virushemmer einnehmen (täglich ab der 36. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt), um das Risiko eines Ausbruchs zum Zeitpunkt der Geburt zu senken.