Wenn zwei ETFs zu einem werden
Darum ist Ihr Sparplan plötzlich steuerpflichtig
06.02.2025 – 12:33 UhrLesedauer: 4 Min.
Viele Privatpersonen nutzen ETFs, um langfristig Vermögen anzusparen. Wenn aus zwei ETFs einer wird, kann das steuerliche Auswirkungen haben, die Anleger unbedingt beachten sollten.
Viele private Sparer investieren in ETFs, um ihre Altersvorsorge zu sichern. Doch was passiert, wenn die Fondsgesellschaft beschließt, zwei ETFs miteinander zu verschmelzen? Genau das passiert aktuell bei Amundi: Zwei MSCI-World-ETFs werden zu einem zusammengeführt. Anleger sollten jetzt genau hinschauen – denn daraus können steuerliche Konsequenzen resultieren.
ETFs (Exchange Traded Funds) gelten als einfache und kostengünstige Möglichkeit, langfristig Vermögen aufzubauen. Sie bilden einen Index wie den MSCI World nach, investieren breit gestreut und sind durch ihre geringen Kosten attraktiv.
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Doch die aktuelle Nachricht von Amundi löst Unsicherheit aus: Der „Amundi MSCI World V UCITS ETF Acc“ (WKN: LYX0YD) wird am 21. Februar 2025 auf den „Amundi MSCI World UCITS ETF Acc“ (WKN: ETF146) übertragen.
Der Grund: Irland bietet bessere steuerliche Bedingungen für US-Aktien, die einen großen Teil des MSCI World Index ausmachen. Dadurch könnte der Fonds langfristig eine höhere Rendite erzielen. Anleger müssen allerdings beachten, dass sich durch die Fusion steuerliche Auswirkungen ergeben können.
Laut Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ist die technische Abwicklung einer Fusion relativ einfach: Zum Stichtag werden beide Fondsvermögen bewertet, der kleinere Fonds geht im größeren auf. Anleger erhalten Anteile des neuen ETFs im entsprechenden Umtauschverhältnis. Das bedeutet: Ohne Ihr Zutun verschwinden die Anteile des alten Fonds aus Ihrem Depot, stattdessen erscheinen die neuen. Allerdings kann hier die Umstellung einige Tage in Anspruch nehmen.
Fondsgesellschaften führen regelmäßig Produkte zusammen. Laut „Stiftung Warentest“ hat Amundi allein 2023 insgesamt 65 ETFs fusioniert. Auch andere Anbieter setzen auf diese Strategie. Die Gründe sind vielfältig: In einigen Fällen haben Fonds nicht genug Geld eingesammelt, um sich für den Anbieter zu lohnen. Wieder andere haben eine so schlechte Performance, dass sie keine neuen Anleger anlocken. Darüber hinaus ändern jeden Monat Dutzende Fonds ihre Anlagepolitik – mal nur minimal, mal wird ein ganz anderer Fonds daraus.
„Stiftung Warentest“ empfiehlt, vor einer Fusion folgende Punkte zu prüfen:
- Kosten: Sind die laufenden Kosten im neuen ETF gleich oder steigen sie?
- Ertragsverwendung: Bleibt die Thesaurierung, also die Ausschüttung der Gewinne, erhalten?
- Replikationsmethode: Wie bildet der neue Fonds den Index nach? Kauft er die enthaltenen Titel tatsächlich (physische Replikation) oder verwendet er für die Nachbildung des Index einen sogenannten Swap (synthetische Replikation)?
- Strategie: Hat der neue Fonds eine mit dem alten Fonds vergleichbare Anlagestrategie? Und: Ist das Risiko vergleichbar?
- Verfügbarkeit: Kann der neue ETF weiterhin im Sparplan genutzt werden?
Im Fall der beiden Amundi-Fonds ändert sich „Stiftung Warentest“ zufolge für Anleger wenig. Beide ETFs beziehen sich auf den MSCI World und bilden den Index physisch ab, das heißt, sie kaufen die tatsächlichen Aktien. Die jährlichen Kosten betragen bei beiden 0,12 Prozent.
Auch bei der Behandlung der Erträge bleibt alles gleich: Beide ETFs sind thesaurierend und sammeln Dividenden im Fondsvermögen an. Ein Unterschied besteht jedoch: Der neue ETF ist in Irland angesiedelt, was steuerliche Vorteile mit sich bringt.
Wer den neuen Fonds nicht möchte, sollte den alten vor der Fusion verkaufen. Wichtig: Der letzte Handelstag kann einige Tage vor dem Fusionsstichtag liegen.
Ein kritischer Punkt ist die Besteuerung. Da der alte Fonds in Luxemburg und der neue in Irland ansässig ist, wird die Fusion nicht steuerneutral behandelt. Gewinne, die seit dem Kauf des alten ETFs entstanden sind, werden realisiert und sind steuerpflichtig.
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Der untergehende Investmentfonds Amundi MSCI World V UCITS ist als Aktienfonds steuerlich klassifiziert, weshalb hier bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für deutsche Privatanleger eine Teilfreistellung in Höhe von 30 Prozent zur Anwendung kommt. Das bedeutet, dass 70 Prozent der angefallenen Gewinne versteuert werden müssen.
Laut „Stiftung Warentest“ werden zunächst Verluste verrechnet, dann wird der Freistellungsauftrag berücksichtigt. Übersteigen die Gewinne den Sparerfreibetrag in Höhe von 1.000 Euro je Einzelperson oder 2.000 Euro je zusammenveranlagtem Paar, wird das Kreditinstitut die anfallende Steuer vom Verrechnungskonto einziehen.
Rechnung für den Steuerabzug auf 70 Prozent der Gewinne:
- Abgeltungsteuer: 25 Prozent des Gewinns
- Solidaritätszuschlag: 5,5 Prozent auf die Abgeltungssteuer (also 1,375 Prozent)
- Kirchensteuer (falls zutreffend): 8 Prozent oder 9 Prozent auf die Abgeltungssteuer
- Effektive Steuerlast ohne Kirchensteuer: 26,375 Prozent
- Effektive Steuerlast mit Kirchensteuer: 27,82 Prozent bzw. 27,99 Prozent
Befindet sich auf dem Verrechnungskonto nicht genügend Geld, müssen Anlegerinnen und Anleger, sofern sie das Geld nicht anderweitig aufbringen können, entsprechend viele Anteile ihres neuen Fonds verkaufen, um die Steuer zahlen zu können, sagt Karin Baur von „Stiftung Warentest“.
Dieser Fall wäre für Anleger ärgerlich, weil sie dann mit weniger Kapital weiter sparen und ihnen dadurch ein Teil des Zinseszinseffekts entgeht. Immerhin: Einmal gezahlte Steuern werden bei einem späteren, möglicherweise gewinnbringenden Verkauf berücksichtigt.
Fazit: Genau hinsehen und rechtzeitig handeln
ETF-Verschmelzungen sind für Anleger Routine – können aber steuerliche Folgen haben. Wer betroffen ist, sollte prüfen, ob der neue Fonds weiterhin ins Portfolio passt. Falls nicht, ist ein frühzeitiger Verkauf sinnvoll. Zudem sollten Anleger sicherstellen, dass genügend Guthaben für mögliche Steuerzahlungen auf dem Verrechnungskonto vorhanden ist. Trotz dieser Herausforderungen bietet die Fusion langfristig auch Vorteile: Durch den Sitz in Irland könnte der neue ETF aufgrund günstigerer Steuerregelungen eine höhere Rendite erzielen.