Uli Hoeneß bestimmt aus dem Hintergrund auch heute noch die Geschicke beim Rekordmeister. Wie über all die Jahrzehnte bleibt er dabei streitbar. Seine schwerste Zeit hat ihn besonders geprägt.
Wer es mit Uli Hoeneß aufnehmen will, der muss genau wissen, worauf er sich dabei einlässt. Das bekam auch der Journalist Max-Jacob Ost schnell zu spüren, der es sich 2018 zur Aufgabe machte, das Leben von Hoeneß in einem Podcast nachzuzeichnen. Sein Plan war, unter dem Titel „11 Leben“ elf Folgen zu produzieren. Er scheiterte. Am Ende wurden es 17, deren Länge von 45 Minuten auf bis zu 192 schnell explodierte. Das Projekt hätte also auch ohne weiteres in „17 Leben“ umbenannt werden können – oder müssen.
Warum? „Weltmeister, Europameister, Sportinvalide, jüngster Manager der Liga, Titelsammler, Wohltäter, Steuerhinterzieher, Idol, Hassfigur, einziger Überlebender eines Flugzeugabsturzes, Millionär und Gefängnisinsasse. Es gibt Netflix-Serien, in denen weniger passiert“, sagt Ost gleich zu Beginn der ersten Folge. Damit beschreibt er nur einige der zahlreichen Rollen, die Hoeneß in seinem bewegten Leben bereits gespielt hat. In der Zwischenzeit sind noch einige weitere hinzugekommen. Vor allem eine ist aber immer geblieben: Die Rolle als Klubpatron des FC Bayern ist zweifellos nach wie vor seine Haupt- und Paraderolle, in der ihn jeder kennt.
Es gibt viele Daten, die für Hoeneß eine besondere Rolle spielen, im Februar häufen sich aber gleich mehrere. Am 29. Februar 2016 wurde er vorzeitig aus dem Gefängnis in Landsberg entlassen, in dem er gut anderthalb Jahre wegen Steuerhinterziehung gesessen hatte. Hoeneß dürfte es wohl ganz recht sein, dass er an dieses unrühmliche Kapitel seines Lebens nur alle vier Jahre in den Schaltjahren erinnert wird. „Die Zeit im Gefängnis hat mich geprägt“, sagte er im t-online-Interview: „Ich glaube schon, dass ich dadurch ein Mensch geworden bin, der mehr auf andere zugeht, der demütiger geworden ist.“ Sein Steuervergehen bezeichnete er als den größten Fehler seiner Karriere. Damit habe er „dem FC Bayern ungeheuer geschadet“.
Am 17. Februar jährt sich der Absturz eines Privatflugzeugs, den Hoeneß als Einziger der vier Passagiere überlebte, zum 43. Mal. Warum genau er überlebte, das weiß er selbst nicht. Er hat keine Erinnerungen mehr an das tragische Unglück, Augenzeugen gibt es nicht. Hoeneß hatte im hinteren Teil des Flugzeugs geschlafen – das rettete ihm wohl das Leben.
Ende Februar holt ihn unweigerlich aber noch ein anderes Datum ein, und in diesem Jahr ganz besonders. Am 27. Februar feiert der FC Bayern nämlich seinen 125. Geburtstag. 1900 wurde der Verein im Café Gisela in München gegründet – natürlich von genau elf Männern, die damals dort zusammenkamen. Der erst 73 Jahre alte Hoeneß gehörte da zwar noch nicht dazu. Der FC Bayern ist trotzdem sein Baby, das unter seinen Augen und seiner Führung in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Giganten herangewachsen ist.
Niemand hat den Verein so geprägt wie Hoeneß das seit mittlerweile 55 Jahren als Spieler, Manager und Präsident getan hat – und als Ehrenpräsident sowie Aufsichtsratsmitglied noch immer tut. Der FC Bayern ist nicht weniger als sein Lebenswerk. Es gibt viele andere große Persönlichkeiten, die den Klub gemeinsam mit ihm als Spieler und Verantwortliche geprägt haben – wie zum Beispiel Franz Beckenbauer, Karl-Heinz Rummenigge oder Torjäger Gerd Müller. Allen voran war es aber Hoeneß, der den deutschen Rekordmeister zu dem gemacht, was er heute ist: ein Weltklub, ein kickender Konzern.
1970 wechselte Hoeneß als ehrgeiziger junger Spieler vom SSV Ulm zeitgleich mit Paul Breitner nach München zum FC Bayern. Dort forderten die beiden die etablierten Stars wie Beckenbauer, Müller oder Sepp Maier heraus. Zwei Jahre später gewann Hoeneß bei den Olympischen Spielen in München die Bronzemedaille.