„Machtgefälle muss aufgebrochen werden“
Ex-Turn-Star klagt erneut an – und fordert Veränderungen
26.01.2025 – 08:32 UhrLesedauer: 2 Min.
Seit Wochen beschäftigen massive Missbrauchsvorwürfe das deutsche Turnen. Die frühere Spitzenturnerin Kim Bui schildert erneut Einzelheiten.
Die frühere deutsche Turnerin Kim Bui fordert grundlegende Veränderungen im Umgang zwischen Trainern und Athletinnen, um Missbrauch im Turnsport zu verhindern. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ betonte die 36-Jährige: „Das krasse Machtgefälle zwischen Trainern und Athletinnen muss aufgebrochen werden.“
Bui sprach offen über belastende Erlebnisse während ihrer aktiven Zeit. Lange habe sie es als selbstverständlich empfunden, trotz Schmerzen und Verletzungen bei Wettkämpfen anzutreten. „Dass man immerzu mit dem eigenen Gewicht ringt und sich ständig nach dem Essen übergibt. Dass Trainer dieses Verhalten mit ihren Kommentaren noch befeuern und sich sogar ins Intimleben von Sportlerinnen einmischen.“
Die ehemalige Turnerin beschrieb das Klima im Leistungssport als ein System der Angst. Dabei werde von Athletinnen erwartet, zu schweigen und zu funktionieren. In der Pubertät hätten Widerworte oft negative Konsequenzen gehabt: „Man wird abgestempelt: Störenfried, Querkopf, Sensibelchen, ungeeignet für den Leistungssport. Dann droht Straftraining und mehr.“
Nach ihrer Karriere, die sie 2022 mit Platz drei im Mannschaftswettbewerb bei den Heim-Europameisterschaften beendete, veröffentlichte Bui ihr Buch 45 Sekunden. Darin thematisiert sie unter anderem ihre Essstörungen.
In den letzten Wochen hatten mehrere ehemalige Turnerinnen, darunter Tabea Alt und Michelle Timm, Missstände am Bundesstützpunkt in Stuttgart öffentlich gemacht. Infolge der Vorwürfe wurde ein Trainer-Duo vorläufig freigestellt und soll nicht mehr ins dortige Kunstturn-Forum zurückkehren.
Kim Bui hob US-Turnstar Simone Biles als positives Beispiel hervor. „Sie hat sich aus dem System herausgekämpft und gezeigt, dass es auch in einem Umfeld auf Augenhöhe funktionieren kann.“ Biles habe ein Umfeld geschaffen, das ihren eigenen Vorstellungen entsprach und dabei ihre mentale Gesundheit in den Fokus gestellt.