Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Ist Trade Republic ein seriöser Anbieter?
Seit einigen Jahren machen sogenannte Neo-Broker den klassischen Geschäftsbanken und auch den Direktbanken Konkurrenz: Neo-Broker bieten Börsenhandel, also den Kauf von Aktien oder Fonds, zu günstigen Gebühren an. Besonders erfolgreich ist dabei das Berliner Unternehmen Trade Republic, das vergangene Woche bekannt gab, die Zahl der Kunden im Jahr 2024 von vier auf acht Millionen verdoppelt zu haben.
Allerdings gab es seit dem Sommer 2024 vermehrt Beschwerden über den Neo-Broker, der seit Ende 2023 auch eine Vollbanklizenz führt und klassische Bankdienstleistungen wie ein Girokonto anbietet. Kunden bemängelten in Internetforen und gegenüber den Verbraucherzentralen unter anderem die fehlende Erreichbarkeit des Kundenservice, langwierige Depotüberträge und falsche Verbuchungen von Dividenden.
Ein t-online-Leser wollte daher wissen: Ist Trade Republic angesichts der Unregelmäßigkeiten noch ein seriöser Anbieter? Und müsste die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin nicht einschreiten?
Sowohl Branchenexperten als auch Verbraucherschützer ordnen Trade Republic klar als einen seriösen Anbieter ein. „Die Vollbanklizenz ist gut, denn sie schützt jeden Kunden“, sagt etwa Bankeninsider und Unternehmensberater Matthias Hach. Nicht nur seien Einlagen je Sparer bis 100.000 Euro geschützt. Auch werde Trade Republic mit der neuen Größe zu einem systemrelevanten Institut, was neben der deutschen Bafin auch die europäische Aufsicht auf den Plan rufe.
„Am Ende sitzen alle am Tisch“, so Hach. Kunden könnten sich sicher sein, dass die Fachprüfer regelmäßig Fragen zur Geschäftstätigkeit stellen und auch Kundenbeschwerden Thema seien. Auf Anfrage von t-online verwies Trade Republic auf frühere Aussagen von CEO Christian Hecke, etwa gegenüber der „Welt“ im Juli 2024, wonach man „einwandfreie Beziehungen zur Bafin“ pflege. Hach meint: „Wenn kurz nach den sich häufenden Kundenbeschwerden schnell Ruhe einkehrt, heißt das: Trade Republic nimmt sich der Themen an.“
Dass die Aufsicht im Zweifel hart durchgreift, konnte man in jüngerer Vergangenheit beobachten. So musste etwa die FlatexDegiro Bank AG 2023 ein Bußgeld in Höhe von 1,05 Millionen Euro zahlen, weil sie „gegen bankaufsichtsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat“. Zuvor hatte die Aufsicht einen Sonderbeauftragten eingesetzt, der überwachen sollte, dass der Finanzdienstleister „schwerwiegende Mängel im internen Kontrollsystem, im aufsichtlichen Meldewesen und in der Geldwäscheprävention“ beseitigte.
Im Mai 2024 setzte die Bafin gegen die Berliner Smartphonebank N26 eine Geldbuße fest, die mit 9,2 Millionen Euro deutlich höher ausfiel. Die Aufsicht hatte festgestellt, „dass das Institut im Jahr 2022 systematisch Geldwäscheverdachtsmeldungen verspätet abgegeben hat“. Seit Mai 2021 hatte die Bafin N26 bereits aufgetragen, die Systeme zur Geldwäscheprävention zu stärken und zur Überwachung einen Sonderbeauftragten bestellt. Von November 2021 bis Mai 2024 kam die Auflage hinzu, monatlich nicht mehr als 50.000 neue Kunden aufzunehmen.
Ärgerlich für Kunden ist es dennoch, wenn bestimmte Dienstleistungen rund um den Wertpapierhandel nicht rund laufen. Was den Kundenservice angeht, hat Trade Republic nach eigenen Angaben in der Zwischenzeit nachgerüstet. Man habe den Kundenservice auf mehrere Servicecenter an verschiedenen Standorten in Europa verteilt, so Hecker zum „Handelsblatt“. Davon verspreche man sich eine effizientere Bearbeitung.
Was hingegen fehlerhafte Buchungen oder langwierige Depotüberträge angeht, erwarten Experten auch weiterhin, dass es hin und wieder ruckelt. „Es passieren immer mal Fehler, und das eher bei jüngeren, schnell wachsenden Instituten als bei solchen, die bei festem Kundenstamm ihre IT-Prozesse über viele Jahre etabliert haben“, so Hach.
Zwar hatte die Bafin bereits im März 2022 vorgegeben, dass ein Depotübertrag höchstens drei Wochen dauern darf. Am Ende scheint diese Vorgabe aber noch an der Realität zu scheitern: Offenbar haben viele Institute den Übertrag von Wertpapieren noch nicht digitalisiert, sowohl die Entsender als auch die Empfänger, wodurch die Fehleranfälligkeit steigt.
Experten sind sich einig, dass die Finanzindustrie als Ganze von einer Digitalisierung der Depotüberträge profitieren würde. Dafür müsste die zentrale Wertpapierverwahrstelle Clearstream mit an Bord sein. Sie sorgt unter anderem dafür, dass Wertpapiere sicher und korrekt von einer Bank zur anderen übertragen werden. Eine Herausforderung dabei dürfte sein, die IT-Systeme und Datenformate der Banken und Clearstream nahtlos zu integrieren.