Menschen mit einem empfindlichen Magen sind beim Blick in das Gewürzregal häufig unsicher. Denn nicht alles, was Pep gibt, tut der Verdauung gut.
Manch einer hat bei Chili und Pfeffer schon mal ein Magengrummeln verspürt. Oder Fenchel und Rosmarin als wohltuend empfunden. Wie Gewürze und Kräuter auf den Magen wirken und bei welchen Zutaten Sie vorsichtig sein sollten.
Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Aufstoßen und Völlegefühl: Menschen mit einem empfindlichen Magen kennen diese Beschwerden nur zu gut. Besonders nach großen Portionen, fett- und zuckerreichen Speisen sowie säurehaltigem wie Sprudelwasser fängt ihr Magen oft an zu zwicken. Wer die passenden Gewürze benutzt, kann sein Essen bekömmlicher machen. Aber Vorsicht: Manches im Gewürzregal ist bei einer sensiblen Magenschleimhaut oder gar bei einem Reizmagen weniger gut geeignet.
„Kräuter und Gewürze geben dem Essen nicht nur Geschmack. Einige wirken beruhigend auf unseren Magen und unterstützen die Verdauung. Meist ist die wohltuende Wirkung auf die enthaltenen ätherischen Öle zurückzuführen. Doch genau diese können unter Umständen auch reizen. Das ist unter anderem abhängig von der verzehrten Menge und der individuellen Verträglichkeit“, sagt Diplom-Ökotrophologin Brigitte Neumann aus Uttenreuth.
Brigitte Neumann ist Diplom-Ökotrophologin aus Uttenreuth. Die freiberufliche Ernährungswissenschaftlerin ist in der Erwachsenenbildung tätig. Sie hält unter anderem Vorträge in Schulen und Firmen und arbeitet mit Verbänden, Institutionen, Krankenkassen und Ärzten zusammen.
Im Gewürzregal stehen einige Klassiker, die dem Magen in der Regel guttun. Dazu gehören mediterrane Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Oregano und Salbei, aber auch Gewürze wie Fenchelsamen, Lorbeerblätter und Kümmel. Diese enthaltenen ätherischen Öle, welche die Verdauungssäfte anregen, Blähungen und Völlegefühl lindern und entspannend auf die Muskulatur der Verdauungsorgane wirken. Die enthaltenen Bitterstoffe regen zudem die Bildung von Gallenflüssigkeit in der Leber an, was die Fettverdauung fördert.
„Sie können die Heilpflanzen als Gewürz zum Essen geben oder mit heißem Wasser übergießen und als Tee zum Essen trinken. Besonders der Anis-Kümmel-Fencheltee ist ein beliebter Verdauungstee gegen Völlegefühl und Blähungen, ebenso Kamillentee“, sagt Neumann.
- Rosmarin: Hauptbestandteile des Rosmarins sind Cineol, Kampfer, α-Pinen und Borneol. Die ätherischen Öle wirken entkrampfend, verdauungsfördernd und entzündungshemmend. Auch wirkt Rosmarin appetitanregend.
- Thymian: Beim Thymian sind es unter anderem die Inhaltsstoffe Thymol und Carvacrol sowie Rosmarinsäure und Kaffeesäure, welche die verdauungsfördernde und antientzündliche Wirkung ausmachen. Thymian regt die Bildung von Verdauungssäften wie Magensäure und Galle an und macht schwere Speisen so bekömmlicher.
- Oregano: Oregano enthält reichlich Gerb- und Bitterstoffe, aber auch ätherische Öle wie Thymol, Carvacrol, Cymol und Borneol. Diese wirken antibakteriell, antiseptisch und entzündungshemmend und können helfen, Verdauungsbeschwerden wie Magenschmerzen zu lindern und die Bildung von Magensaft anregen.
- Salbei: Die in Salbei enthaltenen ätherischen Öle, darunter Cineol und Kampfer, aber auch die enthaltenen Gerbstoffe wirken entzündungshemmend und können Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen, Magenzwicken und Sodbrennen lindern helfen.
- Lorbeerblätter: Lorbeerblätter enthalten reichlich Bitterstoffe, welche die Gallenbildung anregen und Blähungen sowie Völlegefühl verbessern können. Lorbeerblätter werden daher besonders gerne zu Linsen- und Erbseneintopf gegeben und nach dem Kochen wieder herausgenommen, wenn sich die ätherischen Öle, Gerbstoffe und Bitterstoffe gelöst haben.
- Kümmel: Kümmel enthält unter anderem die Wirkstoffe Carvon und Limonen. Diese regen die Magensaftproduktion an, wirken krampflösend und entblähend. Kümmel als verdauungsförderndes Hausmittel kann helfen, Hülsenfrüchte und Kohl besser verdaulich zu machen.
- Anis: Der Inhaltsstoff Anethol wirkt entspannend auf die Muskulatur von Magen und Darm. Auf diese Weise lindert Anis Magenkrämpfe und Blähungen. Da Anis zudem eine natürliche Süßkraft besitzt, kann Anis im Essen helfen, Zucker zu reduzieren.
- Fenchelsamen: Auch in Fenchelsamen findet sich das entkrampfend wirkende Anethol gegen Blähungen und Bauchschmerzen. Fenchelsamen kann man auch nach dem Essen oder zwischendurch kauen. Wer Fenchel als Verdauungstee trinken mag: Fencheltee aus frisch gemörserten Fenchelsamen ist wirksamer als Beuteltee. „Fenchel wird zum Beispiel gerne auch bei Säuglingen und Kleinkindern gegen Bauchweh verwendet, sowohl als Tee als auch in Form von Bauchmassage-Ölen – meist in Kombination mit Kümmel“, sagt Neumann.
Vorsicht geboten ist laut der Ernährungswissenschaftlerin bei scharfen Gewürzen. Menschen mit einem empfindlichen Magen würden sich nicht selten schwertun mit Pfeffer, Chili, Ingwer, Senf und Meerrettich. Bei Pfeffer sorgt vor allem Piperin für Schärfe, bei Chili das Capsaicin, in Ingwer der Scharfstoff Gingerol. Senf und Meerrettich enthalten reichlich feurige Senföle. Die scharfen Gewürze regen die Verdauung an: Sie fördern den Speichelfluss und die Bildung von Magensäure, wirken keimtötend, durchblutungsfördernd und regen die Eigenmotorik von Magen und Darm an.
„Die in Ingwer enthaltenen Scharfstoffe werden sogar gezielt gegen Reiseübelkeit und Brechreiz eingesetzt“, sagt Neumann. „Bei scharfen Gewürzen kommt es aber ganz stark auf die Dosierung an. Gerade mit empfindlichem Magen sollte man sich vorsichtig an den Schärfegrad herantasten. Die Grenze ist bei jedem anders. Wer auf scharfes Essen mit Magenschmerzen, Sodbrennen, Schleimhautreizungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder anderen Magen-Darm-Beschwerden reagiert, sollte die Menge deutlich reduzieren oder ganz verzichten.“
Die Wirkung von Heilkräutern auf den Magen ist wissenschaftlich nicht abschließend erforscht. Auch gibt es keine Garantie, dass ein bestimmtes Gewürz besonders gut für den Magen ist – oder gar schädlich. Das Würzen von Speisen ist immer auch ein Stück weit individuell. Wichtig ist, auf den Bauch zu hören.
Menschen mit einem empfindlichen Magen spüren meist schnell, was ihnen bekommt und was nicht. „Wer das Gefühl hat, dass dem Magen bestimmte Kräuter und Gewürze nicht guttun, sollte verzichten und andere symptomlindernde Maßnahmen versuchen“, rät Neumann. „Generell sollten Menschen mit wiederkehrenden Magenproblemen einen Arzt aufsuchen, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.“