Heftiger Gegenwind aus Gründerszene
Star-Gründer an Merz: „Öffnen Sie sich für AfD-Koalition“
15.11.2024 – 08:49 UhrLesedauer: 3 Min.
Der Start-up-Gründer Christian Reber fordert, die CDU solle erwägen, mit der AfD zu koalieren. Aus der Gründerszene gab es dafür Widerspruch.
Christian Reber, einer der bekanntesten Gründer Deutschlands, sorgt mit einem kontroversen Vorschlag für Diskussionen. Mit einem Post auf X fordert er von Unions-Chef Friedrich Merz: „Öffnen Sie sich für eine Koalition mit der AfD“. Als Bedingung nennt er, dass kein offensichtlich rechtsradikales Parteimitglied politische Verantwortung tragen werde. Deutschland dürfe auch nicht aus der EU austreten oder eine neue Währung einführen. „Stehen Sie gemeinsam mit der AfD für eine deutsche, bürgernahe und europäische Politik.“
Das solle dafür sorgen, dass die AfD in der kommenden Legislaturperiode nicht noch stärker werde: „Wenn wir in der nächsten Bundestagswahl nicht alle Wählerstimmen respektieren, droht Deutschland eventuell eine rechte Mehrheit in 2029 – und das ist, bisher, nicht der mehrheitliche Wunsch der deutschen Wähler.“ Gleichzeitig betont Reber auch, dass er selbst sich eine Koalition mit der AfD nicht wünsche.
In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ betone Reber, Alice Weidel traue er ein Ministeramt am ehesten zu, insbesondere im Bereich Innenpolitik: „Dann soll sie vier Jahre lang zeigen, was sie kann.“ Die zunehmende Unterstützung für die AfD in seinem persönlichen Umfeld beschäftige ihn schon seit Monaten. Die Idee, Koalitionen zu bilden, die die AfD bewusst ausschließen, bezeichnete er als „merkwürdig“. Seiner Ansicht nach sollten die beiden stärksten Parteien nach einer Wahl zusammenarbeiten – sei es Schwarz-Grün, wenn die Grünen zweitstärkste Kraft sind, oder Schwarz-Blau, falls die AfD auf Platz zwei landet. Er hoffe auf ein Bündnis aus CDU und FDP, halte das jedoch für wenig realistisch.
Reber hat einst die App „Wunderlist“ ins Leben gerufen und später an Microsoft verkauft. Das brachte ihm 200 Millionen US-Dollar ein. Er ist seitdem weiterhin als Gründer aktiv, seine zweite Firma „Pitch“ ist aber weniger erfolgreich: Sie musste viele Mitarbeiter entlassen, Reber ist Anfang 2025 als Geschäftsführer zurückgetreten.
Der Vorstoß ist in der Gründerszene auf massive Kritik in der Gründerszene. Der Start-up-Verband distanzierte sich von solchen Gedankenspielen und betonte in der „Süddeutschen Zeitung“, sich klar gegen die AfD zu positionieren. In einer Befragung des Verbands gaben die meisten seiner Mitglieder an, die Grünen zu wählen. Darauf folgten FDP und Union. Die AfD kam nur auf drei Prozent.
Tech-Investor Philipp Klöckner nannte Rebers Vorschlag eine „Dummheit“, wie ntv berichtet. Er halte es für „unangenehm, wie fahrlässig die Leute sagen: Ohne Faschisten geht es halt gerade nicht.“
Der ehemalige Start-up-Beauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, entgegnete auf X: „Wir glauben an Europa. Die AfD will er zerstören. Wir glauben an die Westbindung, die transatlantische Partnerschaft und die Nato. Die AfD will mit Putin gehen. Wir glauben an die Freiheit der Menschen und die Möglichkeiten jedes Einzelnen. Die AfD ans Kollektiv.“ Er frage sich, wie bei solch unterschiedlichen Werten eine gemeinsame Politik möglich sein solle.
Gleichzeitig gab es auch einige, die eher auf Rebers Seite stehen. Der wohl prominenteste unter ihnen: der Investor Frank Thelen. Er erklärte, es gebe möglicherweise keine andere Option, die Stimmen der Wähler in einer Regierung zu berücksichtigen. Auch, wenn niemand eine starke AfD wolle. Er forderte Friedrich Merz und Christian auf, einen starken Wahlkampf zu führen. Dann könne man es „auch ohne die AfD schaffen“.
Begonnen hatte die Diskussion der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Start-up-Verbands, Christian Miele. Er schrieb auf X, die Wähler wollten mehrheitlich eine bürgerlich-rechte Politik. „Eine große Gefahr besteht, dass es abermals vier Jahre faule Kompromisse geben wird.“ Seine Sorge sei dann: „Im Jahre 2029 wird die AfD dann ‚rechts‘ vorbeiziehen und stärkste Kraft im Land.“ Er hoffe, dass die kommenden vier Jahre nicht vergeudet würden, „weil ich Angst habe, dass wir sonst 2029 in den Armen der AfD aufwachen“.