Sollte die AfD verboten werden? Eine Gruppe von Abgeordneten denkt, dass es dafür ausreichend Gründe gibt. Sie hat nun einen Antrag bei der Bundestagspräsidentin eingebracht. 112 Erstunterzeichner ziehen bisher mit.
Der Startschuss ist gefallen: Eine Gruppe Bundestagsabgeordneter um den CDU-Politiker Marco Wanderwitz hat am Mittwoch einen Antrag auf Start eines AfD-Verbotsverfahrens bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) eingebracht. Das teilte Wanderwitz t-online mit. 112 Erstunterzeichner unterstützen den Antrag demnach.
Wanderwitz hatte den Antrag mit einer Gruppe von Abgeordneten verschiedener Fraktionen ausgearbeitet. Im Oktober, vor dem Aus der Ampelkoalition, hatte Wanderwitz erklärt, der Antrag auf ein AfD-Verbot könnte bereits im Dezember oder Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden.
Nach dem Ampel-Aus und einer Razzia bei der Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“ drängt er auf Eile: „Wir haben nach wie vor das Ziel, in dieser Legislaturperiode den Antrag einzubringen und abzustimmen und damit das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Gang zu bringen“, sagte Wanderwitz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die „Sächsischen Separatisten“ haben sich laut Bundesanwalt mit Schießtrainings auf einen Staatsstreich vorbereitet. Drei der bei der Razzia gegen die Gruppe Festgenommenen waren Mitglieder der AfD und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“. Nach der Razzia hat der AfD-Bundesvorstand ungewöhnlich rasch beschlossen, sie aus der AfD ausschließen zu wollen. Auslöser dafür war auch die Sorge vor dem Verfassungsschutz und einem Verbotsverfahren.
Die Initiatoren des Antrags auf ein AfD-Verbotsverfahren stammen aus verschiedenen Parteien und stehen wegen der Neuwahlen unter Druck. Im nächsten Bundestag dürften die Mehrheiten anders liegen, AfD und CDU/CSU stärker vertreten sein. Das schmälert die Aussichten auf Erfolg – die AfD lehnt den Antrag naturgemäß ohnehin ab, in der Union zeigt man sich äußerst skeptisch.
Ob der Antrag bei der aktuellen Zusammensetzung des Parlaments mit seinen 733 Abgeordneten eine Mehrheit erhält, ist fraglich. In allen Parteien gibt es Zweifler und Kritiker an dem Vorgehen. Manche Abgeordnete lehnen ein Verbotsverfahren gegen eine so große Partei wie die AfD per se ab. Bei anderen herrscht die Sorge vor, dass der Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern und die AfD daraus Nutzen ziehen könnte.
Eine Rolle für die Erfolgsaussichten des Antrags spielt auch die Einschätzung des Verfassungsschutzes. Eigentlich hatte der Präsident des Bundesamts, Thomas Haldenwang, angekündigt, dass das Bundesamt in den kommenden Wochen bekannt gibt, ob es die AfD vom „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ höherstuft, hin zu „gesichert rechtsextrem“. Für die Antragsteller wäre das ein wichtiges Signal gewesen. Mehrere Abgeordnete hatten angekündigt, die Einschätzung des Verfassungsschutzes abwarten zu wollen.
Nach übereinstimmenden Medienberichten soll es dazu nun aber nicht mehr in diesem Jahr kommen. Der Grund sind die in wenigen Monaten anstehenden Neuwahlen. Aus Sicherheitskreisen heißt es, im Umfeld von Wahlen sei Zurückhaltung geboten. Haldenwang, der scharfer Kritiker der AfD ist, hat zudem gerade angekündigt, für die CDU bei der Bundestagswahl antreten zu wollen. Am Mittwoch teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit, dass er deswegen die Amtsgeschäfte als Präsident des Verfassungsschutzes „ab sofort“ nicht mehr wahrnehme.
Der Entwurf, der t-online vorliegt, trägt den Titel „Antrag auf Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Alternative für Deutschland“.
Die Initiatoren beantragen darin beim Bundesverfassungsgericht einerseits, „gemäß Art. 21 Abs. 2 GG festzustellen, dass die Partei Alternative für Deutschland verfassungswidrig ist“. Zum anderen beantragen sie, „das Vermögen der Alternative für Deutschland nach § 46 Abs. 2, S. 3 BVerfGG zugunsten der Bundesrepublik Deutschland für gemeinnützige Zwecke einzuziehen“. Und zudem festzustellen, „dass die Alternative für Deutschland nach Art. 21 Abs. 3 GG von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen ist“.