Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Kann ich mit ETFs für den nächsten Urlaub sparen?
Geld anlegen, hohe Zinsen kassieren oder von steigenden Kursen profitieren – das klingt gut. Was liegt da näher, als das Geld in einen Aktien-ETF zu stecken, ein Jahr zu warten und dann mit Gewinn zu verkaufen? So lässt sich der lang ersehnte Urlaub, der dann doch teurer ausfällt als geplant, gut finanzieren. Oder etwa nicht?
Grundsätzlich ist das möglich – allerdings ist das Risiko, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden, sehr hoch. Dazu muss man verstehen, dass die Renditen, die Aktien, Fonds oder ETFs abwerfen, aufgrund von Kursschwankungen an den internationalen Märkten von Jahr zu Jahr variieren. Deswegen empfehlen Experten bei einer Geldanlage in börsengehandelte Wertpapiere einen langfristigen Anlagehorizont.
Ein Beispiel macht es deutlich: Der weltweit bekannteste Index MSCI World, den viele ETFs nachbilden, hat zwar über einen Zeitraum von 50 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 7,39 Prozent pro Jahr erzielt. In den Jahren 2000, 2001 und 2002 verlor er aber jeweils knapp 200 Punkte. Das entspricht einem Minus von rund 14 Prozent. Wer kurz vor der Jahrtausendwende Geld in einen MSCI-World-ETF investierte und auf eine Wertsteigerung spekulierte, um mit dem Geld seinen Urlaub zu finanzieren, wurde enttäuscht.
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Wer dann im Jahr 2000 glaubte, dass es ein Jahr später an den Börsen wieder aufwärtsgehen würde, hatte erneut Pech. Der Welt-Index verlor nochmals 17,8 Prozent. Und wer bis 2002 wartete, verkaufte vermutlich frustriert seine Anteile, weil er befürchtete, dass es auch im dritten Jahr weiter bergab gehen würde. Doch dann kam die Wende. Im Jahr 2003 stieg der MSCI-Index um 244 Punkte – Rendite: +30 Prozent.
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Doch selbst für den Fall, dass die Kurse beim Welt-Index steigen – so wie es zwischen den Jahren 2003 und 2007, zwischen 2012 und 2014 sowie zwischen den Jahren 2019 und 2022 der Fall war –, würden Sie auf den Zinseszinseffekt verzichten, wenn Sie über einen Zeitraum von nur wenigen Monaten Geld anlegten.
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Beispiel: Die Rendite (ohne Gebühren und Kapitalertragsteuern) bei einer Einmalanlage von 5.000 Euro im Zeitraum von 2016 bis 2017 hätte im Idealfall 20 Prozent betragen, allerdings nur, wenn Sie zum richtigen Zeitpunkt ein- und wieder ausgestiegen wären. Aus einem Investment von 2.500 wären damit 3.000 Euro und aus 5.000 Euro wären 6.000 geworden. Doch den perfekten Kauf- und Verkaufszeitpunkt zu erwischen, schaffen nicht einmal große Fondsanbieter.
ETFs sind in der Regel für langfristige Anlagen von mindestens zehn bis 15 Jahren konzipiert. Wer mit einem ETF für seinen Urlaub sparen möchte, sollte dies ebenfalls langfristig planen. Das könnte etwa so aussehen: Sie sparen nicht nur in einen Aktien-ETF, sondern in mehrere – allerdings zeitversetzt. Sie fangen jedes Jahr um die gleiche Zeit mit einem neuen ETF an, während die alten weiterlaufen. Sie können jeden dieser ETFs mit einer monatlichen Rate besparen oder zu Beginn einen festen Betrag investieren.
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Der erste Urlaub, den sie mit einem der ETFs finanzieren wollen, sollte aber erst nach etwa zehn Jahren stattfinden. Je nachdem, wie sich die Märkte entwickelt haben, kann man dann den ersten ETF verkaufen und damit den Urlaub bezahlen. Für den nächsten Urlaub ein Jahr später nutzen Sie dann den zweiten ETF und so weiter. Allerdings bleibt das Risiko weiterhin bestehen, dass im Jahr Ihres Urlaubs die Aktienkurse ungünstig stehen und Sie bei einem vorzeitigen Verkauf auf eine höhere Rendite verzichten.
Mit einem ETF-Sparplan für den nächsten Urlaub besteht also ein erhebliches Risiko, dass Sie kurzfristig weniger Geld zur Verfügung haben, als Sie eingezahlt haben, oder Ihnen langfristig eine höhere Rendite entgeht. Für kurzfristige Sparzwecke, zum Beispiel für einen Urlaub, sollten Sie lieber auf sicherere Anlageformen wie Festgeld zurückgreifen. Hier wird Ihr eingezahltes Geld zu einem festen Zinssatz verzinst und Sie laufen nicht Gefahr, in turbulenten Börsenzeiten Geld zu verlieren.