Der Traum vom Auswandern ist für viele verlockend, doch dabei gibt es einiges zu beachten. Nicht zuletzt, was dann für Sie bei der Steuer gilt.
Wer auswandert, hat in der Regel seine Gründe: Mal lockt eine berufliche Herausforderung, mal zieht man der Liebe wegen um oder schlicht wegen des besseren Wetters. Auch steuerliche Gründe spielen für manche eine Rolle. Aber auch, wer ohne finanzielle Hintergedanken auswandert, sollte wissen, welche steuerlichen Pflichten er hat. Wir zeigen, was Auswandern für Ihre Steuern bedeutet.
Bleiben Auswanderer in Deutschland steuerpflichtig?
Unter Umständen ja. Denn Auswandern alleine befreit Sie nicht von der Steuerpflicht in Deutschland. Zwar endet die sogenannte unbeschränkte Steuerpflicht, sobald Sie Ihren Wohnsitz und Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlagern, Sie können aber weiter beschränkt steuerpflichtig sein.
Unbeschränkte Steuerpflicht bedeutet, dass Sie mit Ihrem gesamten „Welteinkommen“ in Deutschland einkommensteuerpflichtig sind. Das heißt: Egal, aus welchem Land Sie Einkommen beziehen, Sie müssen es in Deutschland versteuern.
Beschränkte Steuerpflicht hingegen liegt vor, wenn Sie auch nach einem Wegzug noch Einkünfte in Deutschland erzielen – etwa Arbeitslohn oder Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit. Dann werden ausschließlich diese Einkünfte besteuert – nicht jedoch Einkommen aus anderen Ländern.
Damit die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland endet, reicht es nicht, den Wohnsitz abzumelden. Vielmehr zählt, wie Sie sich tatsächlich verhalten. Haben Sie beispielsweise trotz Abmeldung bei der Behörde weiterhin eine Wohnung im Inland oder halten Sie sich mehr als 183 Tage pro Jahr dort auf, bleiben Sie unbeschränkt steuerpflichtig. Das kann unter Umständen dazu führen, dass Sie sowohl in Deutschland als auch im Ausland steuerpflichtig sind und somit doppelt Steuern auf dieselben Einkünfte zahlen. Liegt ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem anderen Staat vor, besteht diese Gefahr nicht.
Um das Ganze noch komplizierter zu machen, gibt es noch eine weitere Art der Steuerpflicht: die erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Sie liegt vor, wenn Sie Ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlegen, dort niedrige Steuern greifen und Sie weiterhin „wesentliche wirtschaftliche Interessen“ in Deutschland haben. Das soll verhindern, dass Menschen nur deshalb auswandern, weil sie Steuern sparen wollen.
Nehmen wir die einzelnen Voraussetzungen einmal auseinander: Niedrige Steuern im Ausland liegen etwa dann vor, wenn Sie dort mehr als ein Drittel weniger zahlen müssen als es in Deutschland bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen und ledigen Person der Fall wäre, die 77.000 Euro Einkommen pro Jahr erzielt (sogenannter Standardsteuerfall).
Mit „wesentlichen wirtschaftlichen Interessen“ ist gemeint, dass
- Sie zu Beginn des Versteuerungszeitraums (Mit-)Unternehmer eines Betriebs in Deutschland sind,
- mindestens 1 Prozent Anteil an einer inländischen Kapitalgesellschaft halten,
- mehr als 30 Prozent Ihrer Einkünfte nicht aus dem Ausland stammen (inklusive Renten und Zinsen) und die Summe von 62.000 Euro übersteigen
- oder mehr als 30 Prozent Ihres Vermögens, aus dem Sie Einkünfte wie etwa Mieteinnahmen oder Zinsen erzielen, nicht aus dem Ausland stammen und den Betrag von 154.000 Euro übersteigen.
Um als erweitert beschränkt steuerpflichtig zu gelten, müssen Sie außerdem vor Ihrem Wegzug fünf der letzten zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und währenddessen deutscher Staatsbürger gewesen sein.
Trifft all das auf Sie zu, gilt die beschränkte Einkommensteuerpflicht für einen Zeitraum von zehn Jahren nach dem Wegzug auch für solche Einkünfte, die bei der „normalen“ beschränkten Steuerpflicht nicht erfasst worden wären. Das trifft etwa auf Zinsen zu sowie auf Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
Mit der Einkommensteuerpflicht ist es aber noch nicht getan. Auch könnte Erbschaft- oder Schenkungssteuer anfallen, wenn Sie Vermögen vererbt oder übertragen bekommen.
Dabei gilt: Halten Sie sich als deutscher Staatsangehöriger nicht länger als fünf Jahre dauerhaft im Ausland auf, behandelt Sie der Fiskus so, als wären Sie nie ausgewandert. Es greift die unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungssteuerpflicht. Gleiches gilt, wenn Sie zwar länger auswandern, der Erblasser oder Schenkende aber seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Sie zahlen dann also wie bei der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht Steuern in Deutschland auf Erbschaften oder Schenkungen aus der ganzen Welt.
Beachten Sie: Auch hier kann es wieder dazu kommen, dass Sie doppelt Steuern zahlen – einmal in Deutschland und zusätzlich in dem Land, aus dem die Erbschaft oder Schenkung stammt. Doppelbesteuerungsabkommen, die das Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuerrecht betreffen, gibt es derzeit nur mit Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden, der Schweiz und den USA.
Sind weder Sie selbst noch der Erblasser oder Schenker zum Zeitpunkt des Erbes oder der Schenkung in Deutschland ansässig, gelten Sie lediglich als beschränkt erbschaft- und schenkungssteuerpflichtig. Das heißt, dass nur das sogenannte Inlandsvermögen besteuert wird. Dazu zählt beispielsweise ein Grundstück in Deutschland, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Betriebsvermögen und Anteile an einer deutschen Kapitalgesellschaft.
Fallen weitere Steuern beim Auswandern an?
Ja. Auch der Umzug ins Ausland selbst kann eine Steuerpflicht in Deutschland auslösen. Nämlich dann, wenn Sie mehr als 1 Prozent der Anteile einer Kapitalgesellschaft halten. Dann wird die sogenannte Wegzugsteuer fällig, auch Entstrickungsteuer genannt. Gleiches gilt für Einzelunternehmer und unter bestimmten Umständen auch für Gesellschafter von Personengesellschaften.
Muss ich beim Auswandern eine Steuererklärung machen?
Ja. Wandern Sie aus, müssen Sie in der Regel eine Steuererklärung für das Jahr Ihres Wegzugs einreichen. Dort geben Sie alle Einkünfte an, die Sie in Deutschland erzielt haben, sowie Einkünfte aus dem Ausland. Letztere werden zwar selbst nicht besteuert, wirken sich aber auf die Höhe Ihres Steuersatzes in Deutschland aus. Sie zahlen also einen höheren Steuersatz auf Ihre deutschen Einkünfte, als Sie es ohne Einkünfte aus dem Ausland gemusst hätten. Für ausländische Kapitaleinkünfte gilt diese Regel nicht.