Wird es wieder knallen? Die konstituierende Sitzung des neuen Thüringer Landtags geht weiter, nachdem ein Eilverfahren der CDU erfolgreich war. Im Fokus steht die strittige Wahl des Landtagspräsidenten.
Es geht weiter: Die konstituierende Sitzung des neu gewählten Thüringer Landtags wurde am Samstag ab 9.34 Uhr fortgesetzt. Sie war am Donnerstag unterbrochen worden, nachdem ein Streit zwischen AfD und den anderen Parteien eskaliert war. AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler hatte sich in der Sitzung geweigert, über einen Antrag aus dem Plenum abstimmen zu lassen. Er begründete das damit, dass zunächst der Landtagspräsident gewählt und das Parlament konstituiert werden müsse. Die CDU war daraufhin vor das Landesverfassungsgericht gezogen.
Das Gericht bestätigte die Rechtseinschätzung der CDU im Eilverfahren. Es verpflichtete Treutler mit seiner Entscheidung am Freitagabend dazu, das Parlament schon vor der Wahl des Landtagspräsidenten über eine aktualisierte Tagesordnung abstimmen zu lassen. Der Landtag darf zudem noch vor der Wahl der Landtagsspitze seine Geschäftsordnung ändern.
Bei Start der Sitzung am Samstag verlas AfD-Alterspräsident Treutler die Gerichtsentscheidung, die sein Handeln kritisierte und die Vorgaben des Gerichts zum Ablauf der Sitzung. Er sagte: „Ich werde mich daran halten.“
Der CDU geht es besonders um den ersten Antrag, den sie mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eingebracht hat. Damit soll erreicht werden, dass bei der Wahl des Landtagspräsidenten bereits vom ersten Wahlgang an alle Fraktionen Kandidaten aufstellen können. Der AfD steht als stärkster Kraft das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten zu. Alle anderen Parteien aber wollen keinen Kandidaten der rechtsextremen Partei auf dem Posten.
Der Landtagspräsident repräsentiert in Thüringen das Parlament, er kann den Landtag jederzeit einberufen und leitet die Landtagsverwaltung. Bei einer Ministerpräsidentenwahl ist der Präsident oder die Präsidentin für den formal reibungslosen Ablauf zuständig.
Mit Spannung erwartet werden am Samstag vor allem zwei Dinge: erstens AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler. Der 73-Jährige leitet die Sitzung, bis ein Landtagspräsident gewählt wird. Er hatte das Amt am Donnerstag genutzt, um eine parteipolitische Rede im Sinne der AfD zu halten und damit zu drohen, den Abgeordneten die Mikrofone abzuschalten. Sein Vorgehen war von den anderen Parteien scharf kritisiert worden: Treutler habe ihre Rechte als Abgeordnete sowie das Demokratieprinzip verletzt. Die CDU sprach gar von „Machtergreifung“.
Zweitens steht die Wahl des Landtagspräsidenten im Zentrum. Die AfD als stärkste Kraft vertrat hier vorab die Meinung, dass das Amt zwingend aus ihren Reihen besetzt werden müsse und die anderen Parteien keine Gegenkandidaten stellen dürften. Die anderen Parteien sehen das anders: Sie wollen spätestens im dritten Wahlgang einen Gegenkandidaten stellen – und mit dem Antrag von CDU und BSW auf Änderung der Geschäftsordnung wollen sie das auch schon ab dem ersten Wahlgang tun.
Als Kandidatin für das Amt als Landtagspräsidentin, das oberste Amt im Thüringer Parlament, hat die AfD Wiebke Muhsal vorgeschlagen. Sie saß bereits von 2014 bis 2019 für die AfD im Landtag. 2018 wurde sie rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt – betrogen hatte sie das Thüringer Parlament. Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass sie 2014 einen Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin um zwei Monate vordatiert hatte, um zusätzliches Geld von der Landtagsverwaltung zu erhalten.