„Einer musste es ja machen“
40 Jahre E-Mail in Deutschland: So sah die erste Nachricht aus
Aktualisiert am 01.08.2024 – 11:28 UhrLesedauer: 4 Min.
Vor 40 Jahren wurde die erste E-Mail nach Deutschland verschickt. Heute verkehren täglich mehrere Milliarden. Was sich verändert hat und wie es weitergeht.
- Vor 40 Jahren wurde die erste E-Mail in Deutschland empfangen.
- Heute ist die E-Mail trotz der Konkurrenz durch Messenger-Dienste noch immer das bevorzugte Kommunikationsmittel im beruflichen Kontext.
- Durch KI soll der E-Mail-Verkehr zunehmend sicherer gegen Spam und Phishing werden.
Nachdem im April vergangenen Jahres das World Wide Web 30 Jahre alt geworden ist, darf man in diesem Jahr der E-Mail schon zum 40. Geburtstag gratulieren. Ganz ohne Förmlichkeiten, nicht mal mit einer Begrüßung erreichte damals die erste E-Mail in Deutschland ihren Empfänger. „Wir freuen uns, dich dabei zu haben“, lautete sie.
Empfangen hat sie Michael Rotert am 3. August 1984 an der damaligen Universität Karlsruhe. „Wir haben nicht geahnt, wie es die Kommunikation revolutionieren wird“, sagt der 74-Jährige heute anlässlich des 40. Jahrestags.
Das ursprüngliche Ziel war es, das Deutsche Forschungsnetz an das amerikanische CSNET (Computer Science Network) anzuschließen. Dieser Vorläufer des Internets war 1981 in den USA in Betrieb gegangen und sollte Unis und Hochschulen einen freien Zugriff auf ein Kommunikationsnetzwerk zum Austausch geben, wie es beim Nachfolger der Karlsruher Uni heißt, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Rotert erhielt zwar die erste E-Mail, der Impuls in Deutschland kam jedoch von Professor Werner Zorn, damals in CC gesetzt. Laura Breeden vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) schickte die Nachricht auf Englisch schon am 2. August. Mit Blick auf die Zeitzonen sieht Rotert einen klaren Vorteil der Mail: „Man kann asynchron arbeiten. Die Amerikaner haben die Mail verschickt, als sie wach waren.“
Die Abkürzung „CC“ steht für „carbon copy“ (auf Deutsch: „Durchschlag“) und bedeutet, dass jeder Empfänger die Mailadressen aller weiteren Empfänger sehen und bei Bedarf für eigene Zwecke verwenden kann. Die CC-Funktion nutzen Sie am besten, wenn Sie Rundmails mit gleichem Inhalt an eine Gruppe senden möchten, deren Mitglieder sich untereinander kennen und bei denen die Weitergabe und die Sichtbarkeit der E-Mail-Adressen kein Problem darstellt.
Heute ist die Mail allen Messenger-Diensten und sozialen Netzwerken zum Trotz vorwiegend im beruflichen Kontext das mit Abstand meist genutzte Kommunikationsmittel, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den Verband der Internetwirtschaft (Eco) ergab.
Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an, E-Mails regelmäßig im beruflichen Umfeld zu nutzen. Beim privaten Gebrauch liegt der Anteil bei gut drei Vierteln, knapp hinter Messenger-Angeboten wie WhatsApp und Telegram.
Aus Sicht von Michael Hagenau, Chef der 1&1-Mailmarken GMX und Web.de, liegt das zum einen an offenen Standards, auf denen die Technik basiert: „Egal bei welchem Anbieter man seine E-Mail-Adresse hat, man kann immer miteinander kommunizieren. Messenger-Dienste und soziale Netzwerke funktionieren hingegen nur im geschlossenen Mitgliederkreis.“ Zumal für deutsche Anbieter hiesige Datenschutzbestimmungen gelten. Mit 35 Millionen Nutzern halten Web.de und GMX demnach hierzulande einen Marktanteil von fast 50 Prozent.
Zum anderen sei die E-Mail Dreh- und Angelpunkt digitalen Lebens. „Im Postfach läuft alles zusammen, was wichtig ist: Vertragsinformationen, Rechnungen, Bestellbestätigungen, Zustellbenachrichtigungen, Newsletter und persönliche Kommunikation“, sagt er. Für die seriöse Kommunikation mit Unternehmen und Behörden sei die E-Mail der wichtigste Kanal.
Bei nahezu jedem Dienst, vom Online-Shop bis zum sozialen Netzwerk, erfolgt die Anmeldung per E-Mail. Die Anzahl, der täglich verschickten und empfangenen E-Mails weltweit liegt bei mehr als 360 Milliarden, Tendenz steigend.
Den Durchbruch bei der privaten Nutzung erfuhr die E-Mail durch den Trend zum Heimcomputer ab den 1980er-Jahren und durch kostenlose E-Mail-Angebote in den 1990er-Jahren. Seit sich Smartphones verbreiten, ist der mobile Zugriff aufs Postfach möglich.
Gerade für formelle Kommunikation und Dokumentation sei die E-Mail die erste Wahl, sagt Rotert als Eco-Ehrenpräsident. „Von der Form her hat sich die E-Mail in den letzten 40 Jahren nicht verändert.“ Auch brauche sie heute im Grunde genauso lange wie damals. Früher sei die Technik langsamer gewesen, sagt er. „Heute verbringen E-Mails mehr Zeit in den Phishing-Filtern der Provider.“ Allein Web.de und GMX haben im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben rund 1,5 Milliarden potenziell gefährliche Spam-Mails pro Woche abgefangen.
Eine Phishing-E-Mail ist eine betrügerische Nachricht, die darauf abzielt, sensible Informationen wie Passwörter oder Kreditkartendaten zu erfahren, indem sie sich als vertrauenswürdige Quelle ausgibt. Man erkennt sie oft an Rechtschreibfehlern, dringlichen Aufforderungen zur Preisgabe persönlicher Daten. Oft sind außerdem Links enthalten, die zu gefälschten Webseiten führen. Ein weiterer Hinweis kann sein, dass die E-Mail unpersönlich formuliert ist, wie die Anrede „Sehr geehrter Kunde“ statt des echten Namens.
Hier wird Künstliche Intelligenz (KI) laut Hagenau eine immer wichtigere Rolle spielen – und zwar auf beiden Seiten: „Die Internet-Kriminellen entwickeln immer neue Taktiken, um uns die Erkennung von Spam- und Phishing-Mails zu erschweren“, erklärt er. Die Textqualität von Phishing-Mails nehme etwa mithilfe von Sprachmodellen wie ChatGPT zu.
Doch auch Filter fischen, dank KI, ungewollte Nachrichten heraus, bevor sie den Posteingang erreichen. „Maschinelles Lernen hat sich bei der Erkennung neuer Spam-Muster als äußerst effektiv erwiesen“, erläutert Hagenau. „KI hilft uns enorm, die Spam-Flut zu beherrschen.“