Fasten setzt im Körper eine Art von Reinigungsprozess in Gang – Autophagie genannt. Es könnte lebensverlängernd wirken, wie unsere Kolumnisten schreiben.

Stoffwechselvorgänge in unseren rund 50 Billionen Zellen führen dazu, dass sich mit der Zeit unnötiges und geschädigtes Material ansammelt. Bleibt dies einfach liegen und häuft sich immer weiter an, kann das krank machen.

Dagegen hilft die sogenannte Autophagie, eine Art „Selbstverdauungsprogramm“ des Körpers. Es sorgt dafür, dass unser Körper sich von geschädigten Zellen und Krankheitserregern reinigt. Manche nennen Autophagie darum auch „Sperrmüllabfuhr des Körpers“.

Wie Fasten die Sperrmüllabfuhr in Gang setzt

Dabei wird den Zellen die Nahrung entzogen. Eine Art Recyclingprozess läuft an: Der Zellschrott wird von einem dünnen Häutchen umschlossen, etwa so, als würde er in einem Müllbeutel gesammelt. Mithilfe von Säure und Verdauungsenzymen wird der „Müll“ dann in kleine Teile zerlegt und als Brennstoff für die Zelle oder als Bestandteil neuer Eiweißstoffe wiederverwendet.

(Quelle: V. Limmroth/t-online)

Zur Person

Volker Limmroth ist Chefarzt, Neurologe, Neurowissenschaftler, Experte für Longevity, also ein langes und gesundes Leben. Seit 2006 Chefarzt der Klinik für Neurologie und Palliativmedizin Köln-Merheim und Spezialist für Multiple Sklerose, chronische Schmerzen und Parkinson. Er war mehr als zehn Jahre Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Kliniken der Stadt Köln.

(Quelle: Wirtz)

Zur Person

Gerd Wirtz ist Neurophysiologe, Medizin-Moderator und Experte für Digital Health, also Digitales im Gesundheitswesen. Sein Spezialgebiet ist die Zukunftsmedizin.

Gemeinsam mit Thomas Kurscheid und Volker Limmroth beantwortet er Ihre Fragen rund um ein besseres und längeres Leben im Podcast „Gesund & Gesund“.

Wie kann Autophagie in Gang gesetzt werden? Indem wir (positive) Stressreize herbeiführen. Das gelingt in erster Linie durch Fasten und Kalorienreduktion, denn hierbei handelt es sich um die stärksten Stimulatoren. Dabei geht es nicht ums Abnehmen, sondern darum, sich eine biologische Fähigkeit zunutze zu machen: Die Fähigkeit, den Bedarf an Nährstoffen ohne gesundheitliche Nachteile aus körpereigenen Reserven zu decken.

Verschiedene Fastenmethoden

Sinnvoll ist das sogenannte „Intervallfasten“, bei dem man beispielsweise 16 Stunden am Stück auf Essen verzichtet. Eine Alternative sind wöchentliche Fastentage, sodass man fünf Tage in der Woche normal isst und zwei Tage maximal 600 bis 800 Kalorien zu sich nimmt. Trinken sollte man dabei ausreichend, allerdings möglichst kalorienfreie Getränke wie Wasser, ungesüßten Tee und höchstens zwei bis drei Tassen schwarzen Kaffee.

Noch gibt es wenige Studien mit Menschen, Tierversuche mit Mäusen haben aber beeindruckende Ergebnisse gezeigt: Die Methode „An einem Tag essen, am nächsten Tag fasten“ (Alternate Day Fasting) verlängerte nachweislich das Leben der Tiere. Und: Das Intervallfasten trainierte den Stoffwechsel der Mäuse so effektiv, dass ein beginnender Typ-2-Diabetes verhindert wurde.

Mäuse leben länger

In der Leber sammelten sich weniger Gifte, die Mäuse konnten das Insulin wieder besser verarbeiten. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Ergebnisse aus dem Tierversuch auf den Stoffwechsel des Menschen übertragen lassen, weil Mäuse dem Menschen ähneln, was ihren Stoffwechsel und ihr Erbmaterial angeht.

In aktuellen Studien wird geschaut, ob Intervallfasten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie neurologischen Krankheiten wie Multipler Sklerose, Parkinson oder Demenz entgegenwirken kann.

Wer nicht fasten sollte

So sinnvoll das Fasten sein kann, es gibt eine Reihe von Personen, denen davon abzuraten ist: Menschen mit schweren Herz- und Nierenerkrankungen, Krebserkrankungen, Gicht oder Gallenproblemen dürfen nicht fasten, ebenso wenig Schwangere und Stillende, weil sie ohnehin einem intensiven Stoffwechsel unterliegen.

Menschen mit Stoffwechselerkrankungen oder chronischen Krankheiten sollten vor jeder Art des Fastens einen Arzt konsultieren. Gleiches gilt bei niedrigem Blutdruck, Untergewicht und hohem Lebensalter. Kinder und Jugendliche sollten grundsätzlich auf das Fasten verzichten.

Beim Intervallfasten können Sie sich übrigens auch von Apps unterstützen lassen. Sie zeigen mit einem Countdown, wann Ihr Fastenintervall beendet ist und geben Tipps für Ernährung und Bewegung sowie leckere Rezepte.

Autophagie mit Sirtfoods antreiben

Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten sollte, kann die Autophagie auf anderen Wegen aktivieren: Die sogenannten Sirtfoods (der Begriff ist eine Kombination aus dem Wort Sirtuine, eine Gruppe von Enzymen, die in allen Körperzellen vorkommen, und dem englischen Wort „Food“) sollen dabei helfen, Stoffwechsel- sowie Alterungsprozesse zu beeinflussen.

Besonders reich an solchen Sirtuinen sind folgende Lebensmittel: Kurkuma, Blaubeeren, Grünkohl, Walnüsse, dunkle Schokolade (mit mindestens 85 Prozent Kakaoanteil), Buchweizen, Soja, Petersilie, natives Olivenöl, Grüntee, Chicorée, Kapern, Datteln, Erdbeeren, Rotwein, Zwiebeln, Chilis und Rucola.

Da bei der Sirtfood-Diät der Fokus außerdem auf einer Kalorienreduktion liegt, werden dank der Sirtuine und der reduzierten Kalorienzufuhr der Hungerzustand und somit auch die Autophagie aktiviert.

Wichtig ist auch regelmäßiger Sport. Durch Bewegung werden die Glykogen- und Fettspeicher angeregt, mehr Energie freizusetzen, um den Körper leistungsfähig zu halten. Dies stimuliert und unterstützt zusätzlich die Autophagie, da der Körper durch den Sport in eine Art Stress- beziehungsweise Hungerzustand versetzt wird.

Aktie.
Die mobile Version verlassen