Karl Lauterbach verteidigt bei „Lanz“ sein Gesetz zur Cannabis-Legalisierung. Kritik an einer Infokampagne der Regierung weist er zurück – und wird überrascht.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war offenbar nicht in eine umstrittene Social-Media-Kampagne der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis eingebunden. Der Mediziner verteidigte am Donnerstagabend bei „Markus Lanz“ zunächst vehement seine Aufklärungsoffensive – denn die ist ein wichtiger Faktor, um die Legalisierung der Droge zu rechtfertigen. Dann aber wurde klar: Die Bundesregierung hat auf Instagram unter dem Jugendsprech-Slogan „Bubatz wird legal“ eine ganz andere Informationsstrategie gefahren.

Die Gäste

  • Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister
  • Tanja Brunnert, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
  • Felix Nensa, Radiologe vom Uniklinikum Essen
  • Melanie Amann, „Spiegel“

Die stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin Melanie Amann hatte am Donnerstag bei Lanz als erste den Vorwurf erhoben, die Bundesregierung mache mit dem auf Instagram verbreiteten Motiv „Bubatz wird legal“ geradezu Werbung für die Droge. „Das ist eine ausschließliche Aufklärungskampagne über die Gefahren von Cannabis“, widersprach Lauterbach. „Dann ist das schlecht gemacht“, monierte die Kinderärztin Tanja Brunnert. Als die Regie das besagte Motiv einblendete, schien Lauterbach erst klar zu werden, was die Kritikerinnen meinten.

Minister von Instagram-Beitrag überrascht

„‚Bubatz wird legal‘ und unten drunter ‚Bundesregierung'“, beschrieb Lanz den Instagram-Post, auf dem ein großes Cannabis-Blatt prangt. „Das ist ehrlich gesagt nicht die Kampagne, die wir gemacht haben“, stellte Lauterbach fest. „Da steht ‚Bundesregierung‘ drunter“, betonte Lanz. „Das muss geprüft werden, ob das so stimmt“, entgegnete Lauterbach. „Das kann ich zunächst einmal nicht bewerten, ob das von uns ist.“

In sozialen Netzwerken wurde während der Ausstrahlung der Sendung gemutmaßt, die „Lanz“-Redaktion könnte einem Satire-Fake-Account aufgesessen sein. Doch tatsächlich ist das „Bubatz“-Motiv am 16. August 2023 auf dem offiziellen Instagram-Kanal der Bundesregierung veröffentlicht worden. Das Instagram-Konto war erst Anfang 2023 gestartet, richtet sich insbesondere an jüngere Menschen und wird vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) betrieben.

Das Bundespresseamt postete auf Instagram auch noch ein Erklärvideo zur Cannabis-Legalisierung, in dem aber erst gegen Ende auf die gesundheitlichen Gefahren gerade für die Hirnentwicklung bei jungen Menschen hingewiesen wird. In der Aufklärungskampagne von Lauterbachs Ministerium steht diese Warnung hingegen auch optisch klar im Zentrum. „Es ist legal, aber schädlich“, brachte Lauterbach die Botschaft auf den Punkt.

Aber warum eine gefährliche Droge überhaupt bereits ab 18 Jahren legalisieren, wenn das Gehirn noch nicht voll ausgebildet ist?, fragte Brunnert. Die Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte kritisierte ferner, die Menge von 30 Gramm Cannabis pro Monat für Menschen zwischen 18 und 21 Jahren sei viel zu hoch. Das reiche für drei Joints am Tag: „Da sage ich als Mutter und Ärztin: Bitte nicht.“

Radiologe: „Scheinheilige Debatte“

Lauterbach verteidigte seinen Plan, mit einem großzügig bemessenen legalen Limit den realen „Bedarf“ abzudecken, um dem Schwarzmarkt die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Die bisherige Strategie aus Kriminalisierung und Strafverfolgung von Konsumenten sei gescheitert. Angesichts immer stärkerer Cannabiszüchtungen, gefährlichen Beimischungen und einer steigenden Zahl von Kiffern sei es an der Zeit gewesen, der Realität ins Auge zu blicken. Kritik kam umgehend. „Man hat den Eindruck: Sie haben den Kopf aus dem Sand genommen und haben ihn dann einen Meter weiter wieder reingesteckt. Mit dem Modell funktioniert es doch nicht“, sagte „Spiegel“-Journalistin Amman.

„Ich bekomme jeden Tag besserwisserische Vorschläge, aber keine Vorschläge, was man denn stattdessen machen sollte“, wehrte sich Lauterbach und verwies auf die Überprüfung der Legalisierung nach zwei Jahren. Unterstützung erhielt der Gesundheitsminister bei „Markus Lanz“ vom Radiologen Felix Nensa. Der Professor vom Uniklinikum Essen sprach bei der Kritik an der Cannabis-Legalisierung angesichts der vergleichbar massiven Schäden durch Alkohol und Nikotin von einer „scheinheiligen Debatte“.

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