Alkohol ist in der Gesellschaft weitverbreitet und akzeptiert – trotz der bekannten Risiken. Experten warnen nun: Die Auswirkungen auf das Gehirn werden stark unterschätzt.
Viele Menschen haben es schon einmal erlebt: Ein feuchtfröhlicher Abend endet damit, dass sie sich am nächsten Tag nur mit Mühe an die Ereignisse erinnern können. Vielleicht haben auch Sie einmal schon versucht, angetrunken ein seriöses Gespräch zu führen, aber Ihnen fehlten bestimmte Worte und Sie wirkten verwirrt. Wenn Alkohol im Spiel ist, wird unsere Gehirnleistung beeinträchtigt. Langfristig kann das gefährlich werden.
Denn Alkoholkonsum schädigt Nervenzellen – und zwar so sehr, dass die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) vor dem sprichwörtlichen „Gehirn-Wegsaufen“ warnt.
Tatsächlich ist laut DGN bekannt, dass Alkohol süchtig machen kann, die Leber schädigt und auch das Krebsrisiko erhöht. Aber kaum jemand spreche von den Folgen von Alkohol für die Nerven und das Gehirn, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung.
Der Einfluss darauf werde deutlich, sobald man betrunken sei: Die Reaktionsfähigkeit lasse nach, die Koordination sei beeinträchtigt und Erinnerungslücken könnten auftreten. Diese Symptome gäben bereits einen Vorgeschmack auf die potenziellen Langzeitschäden von Alkohol für das Nervensystem.
Die Hirnschäden durch Alkohol erfolgen der DGN zufolge auf mehreren Wegen:
Häufig unterschätzt wird laut DGN auch das Krankheitsbild der Polyneuropathie. Sie entsteht durch Schädigungen der peripheren Nerven durch Alkohol. Anfänglich äußert sich die Erkrankung durch ein unangenehmes Kribbeln in den Beinen, später führt sie zu Dauerschmerzen und beeinträchtigt die Lebensqualität enorm. Viele Menschen mit Alkoholproblemen sind früher oder später davon betroffen (Schätzungen zufolge zwischen 22 und 66 Prozent). Mehr zur Polyneuropathie lesen Sie hier.
Andere Folgekrankheiten eines hohen Alkoholkonsums sind etwa das Korsakow-Syndrom oder das extrem seltene Marchiafava-Bignami-Syndrom. Hierbei nehmen die kognitiven Fähigkeiten ab, es kommt zu Sprachstörungen, unkontrollierten Bewegungen – und im Endstadium zu einer Demenz.
„Alles in allem kann man sagen, dass die neurologischen Langzeitfolgen des Alkoholkonsums enorm sind. Sie treten oft nicht in Erscheinung, weil sie natürlich zusammen mit anderen alkoholinduzierten Krankheiten auftreten, die meistens als Todesursache im Vordergrund stehen“, sagt Prof. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung, laut Pressemitteilung.
Wenn ein Alkoholiker an einer Leberzirrhose verstirbt, bleibe im Gedächtnis vieler Menschen oft hängen, dass Alkohol die Leber schädige, selbst wenn der Betroffene bereits über viele Jahre zuvor an einer Alkoholdemenz gelitten habe.
Es sei daher wichtig, die Gefahren des Alkohols auf Nerven und Gehirn bekannter zu machen – denn, „um es einmal plakativ auf den Punkt zu bringen: Ja, man kann sich tatsächlich sein Gehirn wegsaufen“, so der Experte.