CDU und Grüne können sich ein schwarz-grünes Bündnis für die Zukunft vorstellen. Im Gegensatz zur SPD gibt es sogar informelle Gesprächsrunden. Doch es bleiben Probleme.

Es ist noch gar nicht lange her, dass Friedrich Merz mit einer E-Mail eine Welle an Empörung ausgelöst hat. Nicht beim liberalen Lager seiner Partei. Auch nicht bei seinen üblichen Kritikern jenseits der CDU. Sondern bei den konservativen Hardlinern.

Grund dafür war, dass der Vorsitzende in seiner #MerzMail geschrieben hat: „Gelingt es nicht, eine Mehrheit von CDU/CSU und FDP zu erreichen, bleiben SPD und Grüne. Keine besonders verlockende Aussicht, aber eine regierungsfähige Mehrheit muss es geben.“

Klingt erst mal nicht kontrovers. Und schon gar nicht anbiedernd. Allerdings reicht offenbar die bloße Erwähnung einer schwarz-grünen Koalition, um Teile der Union aufzuwühlen.

Vom „Hauptgegner“ zur Koalitionsoption – was ist passiert?

Dabei gibt es schon seit einer Weile Annäherungsversuche zwischen Christdemokraten und Grünen, wenngleich nicht immer öffentlich. Vom „Hauptgegner“, den Merz im vergangenen Herbst ausgerufen hatte, ist jedenfalls in der CDU kaum noch die Rede. Der Parteichef hält es mittlerweile für überaus wichtig, sich alle Optionen offenzuhalten.

Merz betont häufig, wie gut das Verhältnis zu Grünen-Co-Chef Omid Nouripour sei. Auch bei den Grünen heißt es, die beiden könnten miteinander. Zudem findet Merz, die CDU müsse bei aller inhaltlichen Kritik an der Ampel anschlussfähig bleiben. Aus dem Umfeld des Vorsitzenden heißt es, das habe er aus den Wahlen in Hessen (positiv) und Bayern (negativ) gelernt: Die Union dürfe sich nicht mehr von potenziellen Partnern abhängig machen.

Für die Grünen könnte eine Koalition mit CDU und CSU nach der nächsten Bundestagswahl schlicht die einzige Option sein mitzuregieren. Eine weitere Ampel will selbst in der Ampel eigentlich niemand – wenn sie überhaupt eine Mehrheit hätte. Und Opposition ist eben auch Mist, das sehen selbst einige Parteilinke so.

Ist es also etwas Ernsthaftes, was da wächst zwischen Grünen und CDU? Ein bisschen Liebe – trotz all der öffentlichen Kabale?

Annäherungsversuche: Gesprächsrunde mit Merz und Nouripour

Tatsächlich sind die schwarz-grünen Sehnsüchte nichts Neues. Schon 2013 sondierten die Parteien durchaus ernsthaft. Vor den formellen Koalitionsverhandlungen stiegen die Grünen zwar aus, zu wenige Gemeinsamkeiten nach einem zu schmerzhaften Wahlkampf. Doch nicht nur mancher in der Union, auch mancher Grüne hätte gern weiterverhandelt.

Bei der nächsten Wahl 2017 hoffte Angela Merkel auf eine Koalition mit den Grünen. Die FDP kam notgedrungen dazu, weil es sonst nicht für eine Mehrheit gereicht hätte. Sie ließ das Ganze platzen. Und 2021 scheiterte es an einer unsortierten Union, betonen sie bei den Grünen – nicht etwa an Grundsätzlichem. In mehreren Bundesländern regieren beide ohnehin schon lange zufrieden zusammen.

Auch im Bundestag pflegt man den Draht zwischen Abgeordneten. Seit den 2000ern gibt es informelle Gesprächskreise zwischen der Union und den Grünen. Einer der bekanntesten: die Pizza-Connection. Die Runde trifft sich bis heute rund zweimal im Jahr und tauscht sich über ein Thema aus. Zum Beispiel Migration. Auf CDU-Seite gehören derzeit unter anderem Silvia Breher und Jens Spahn zu den Teilnehmern.

Für die Grünen hatte ausgerechnet Omid Nouripour den Kreis ab 2013 mit Spahn wiederbelebt und koordiniert. Der Mann also, der heute mit Ricarda Lang die Partei anführt. Inzwischen ist die Bundestagsabgeordnete Claudia Müller eine der treibenden Kräfte. Zu den Treffen kommen nicht nur die üblich verdächtigen Realos, sondern auch Parteilinke.

Solche Zirkel sind zwar nicht ungewöhnlich, auch zwischen Regierung und Opposition. Es gibt sie genauso mit der FDP. Die Union aber pflegt derzeit mit der SPD keinen. Hinzu kommt, dass in der Pizza-Connection kürzlich zwei hochrangige Gäste erwartet wurden: Merz und Nouripour. Die beiden Parteichefs wollten am 12. April zu einem der Treffen kommen. Es wurde jedoch kurzfristig abgesagt, bislang ohne Alternative.

Terminschwierigkeiten? Kann schon sein. Vielleicht will Merz die schwarz-grüne Beziehung aktuell aber auch nicht zu auffällig vorantreiben.

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