Es ist ein schwarzer Tag für die Hoffnungen und Träume vieler geflüchteter Russen. In München zeigen sie sich tief getroffen – und doch kämpferisch.

Ein Meer aus Kerzen und Blumen ziert an diesem Freitagabend den Europaplatz. Ein symbolischer Ort zwischen Friedensengel und russischem Konsulat, den sich die Veranstalter des Vereins „Free Russians“ an diesem Tag für ihre Trauerbekundung ausgesucht haben. Das Symbol ihres friedlichen Kampfes gegen Präsident Putin, Alexej Nawalny, ist laut russischen Medienberichten tot. Hunderte wollen Abschied nehmen.

„Ich habe vorhin auf mein Handy geschaut. Da stand: Alexej Nawalny ist gestorben. Da ist auch etwas in mir gestorben“, spricht Veranstalterin Natalia Korotkova, um Fassung ringend, in ein Mikrofon. Um sie herum hat sich eine Traube aus rund 800 Menschen gebildet. Betretene Minen, die im Schein der Kerzen und des Blaulichts der Polizei flackernd erleuchtet werden. In ihren Händen halten einige der Anwesenden Schilder. „Freiheit“ oder „Putin tötet“ steht darauf geschrieben.

„Neutralität ermöglicht es dem Bösen, zu wachsen“

Neben Korotkova sprechen noch weitere Aktivisten. Sie sind bestürzt, nehmen Abschied – und mahnen ihre Landsleute, nicht aufzugeben: „Ich bin, wie viele meiner Freunde, sprachlos über das, was geschehen ist“, sagt einer der Redner. „Wir stellen uns an diesem Abend zwei Fragen: Was kann ich für Alexej tun und was kann ich für die große Sache tun, den Frieden, den er angestrebt hat?“, fragt der Russe in die Menschenmenge. Schweigen.

„Die Antwort ist für beide Fragen dieselbe“, führt der Mann aus. „Wir müssen Kante zeigen und das Gute wählen. Neutralität hilft uns Russen nicht, Neutralität ermöglicht es dem Bösen, zu wachsen. Wir müssen das Gute wählen. An jedem Tag. Bei jedem kleinen Schritt“, ruft er mit bebender Stimme ins Publikum. Er erntet Zustimmung, Klatschen. Immer wieder erklingt ein und derselbe Zwischenruf der Versammelten, mal auf Deutsch, mal in ihrer Muttersprache. Der Inhalt bleibt der Gleiche: „Putin ist ein Mörder.“

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