Klappt es in London mit dem ersten Grand-Slam-Titel für den Deutschen? Tennis-Legende Michael Stich analysiert die Chancen – und erklärt, worauf es ankommt.

Ab Dienstag gilt es für Alexander Zverev in Wimbledon. Deutschlands bester Tennisspieler startet gegen den Spanier Roberto Carballés Baena ins traditionsreichste Turnier der Welt – und startet damit einen neuen Anlauf, zum ersten Mal in seiner Karriere einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Erst vor wenigen Wochen im Juni unterlag der 27-Jährige im Finale der French Open in Paris nur knapp dem spanischen Superstar Carlos Alcaraz, schrammte erneut haarscharf am langersehnten Major-Titel vorbei. Klappt es nun in London?

Michael Stich wird dann ganz genau hinschauen: Der 55-Jährige ist nicht nur der letzte deutsche Wimbledon-Sieger bei den Herren – Stich gewann 1991 –, er ist auch im Einsatz als Experte für Prime Video, das 2024 erstmals exklusiv die Übertragungsrechte in Deutschland und Österreich hält. Der Streamingdienst überträgt das Turnier jeden Tag mit umfangreichen Live-Übertragungen und Studiosendungen.

Zum Experten-Team des Streamingdienstes gehören neben Stich auch Andrea Petkovic, Alexander Zverevs älterer Bruder Mischa, Dustin Brown, Barbara Rittner und Sabine Lisicki, die 2011 das Finale an der Church Road erreicht hatte. Moderiert wird die Übertragung vom ältesten Tennis-Turnier der Welt von Katharina Kleinfeldt und Alex Schlüter.

Im Interview spricht Stich über die große Frage, die sich bei Zverev stellt, über den möglichen Schlüssel zum Erfolg, über die Lage bei Novak Djoković – und über Angelique Kerber.

t-online: Michael Stich, Wimbledon ist der einzige Grand Slam, in dem Alexander Zverev noch nicht mindestens das Halbfinale erreicht hat. Was erwarten Sie vom besten deutschen Tennis-Spieler in diesem Jahr?

Michael Stich: Nach seinem tollen Erfolg in Paris sollte Alexander mit viel Selbstvertrauen anreisen. Wenn alles passt, kann er sehr weit kommen.

Letzter deutscher Wimbledon-Sieger bei den Herren: Michael Stich. (Quelle: IMAGO/Mladen Lackovic/imago-images-bilder)

Zverev kommt als French-Open-Finalist, war zuvor bereits in Australien unter den letzten Vier, wirkt stabiler, fokussierter. Hat er in diesem Jahr noch mal einen Schritt nach vorne gemacht?

Auf jeden Fall hat er seine Verletzung gut überwunden und zu alter Stärke zurückgefunden. Und dass er ein großartiger Spieler ist, wissen wir alle.

Er wartet weiter auf seinen ersten Titel auf Rasen. Im letzten Jahr kam das Aus bereits in der 3. Runde gegen Matteo Berrettini. Was muss dieses Jahr anders laufen?

Man braucht erstmal ein wenig Glück bei der Auslosung. Er mag Rasen nicht so gerne, und es wird die Frage sein, wie er sich mental auf diesen Belag und die zwei Wochen einstellt. Ich denke, das Minimalziel ist sicherlich das Halbfinale.

Carlos Alcaraz kommt als Titelverteidiger und French-Open-Sieger nach London, gewann sein Auftaktmatch gegen den Esten Mark Lajal am Montag glatt in drei Sätzen – ist er der große Favorit?

Alcaraz gehört zwar zu den Favoriten, aber für mich ist er nicht der Topfavorit. Jannik Sinner hat in Halle hervorragend gespielt und es gibt sicher drei bis vier Spieler, die sich auf Rasen wohlfühlen.

Alcaraz und Jannik Sinner – der am Montag in der ersten Runde den Deutschen Yannick Hanfmann geschlagen hat – haben zuletzt in Paris Fans und Experten begeistert. Ist es auch für Sie das Duell der Zukunft?

Das ist schwer zu sagen, denn man weiß nicht, wie sie dauerhaft mit der Belastung auf und außerhalb des Platzes umgehen. Ich würde mir wünschen, dass es mehrere Spieler gibt, die in den nächsten Jahren Grand Slam-Turniere gewinnen.

Zusammen haben die beiden bisher insgesamt vier Grand Slams gewonnen – und die eigentliche „Nachfolgergeneration“ der Phalanx aus Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djoković um Zverev, Stefanos Tsitsipas oder Daniil Medwedew überflügelt. Warum tun sich die 90er-Jahrgänge scheinbar so schwer?

Ich denke, das müssen Sie diese Spieler selber fragen. Aber bei Zverev und Tsitsipas ist vielleicht einer der Gründe, dass sie immer noch mit den gleichen Trainern arbeiten.

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