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Vor drei Jahren wandte sich ein Tesla-Mitarbeiter mit einem riesigen Datensatz an eine Gruppe von Journalisten. Was verraten diese Daten über Elon Musk und sein Unternehmen?

Alles begann mit einem unbekannten Anrufer: Ein ehemaliger, damals noch anonymer Mitarbeiter von Tesla in Norwegen hatte sich 2022 an die Redaktion des „Handelsblatt“ gewandt, weil es bei dem E-Autobauer offenbar große Probleme gab. Mehr dazu lesen Sie hier.

Einige Zeit später waren die Journalisten im Besitz eines Datenschatzes, der ganz neue Einblicke in die Firma des Techunternehmers und Trump-Verbündeten Elon Musk bot. Die Dokumente enthüllten nicht nur sensible Daten von tausenden Tesla-Angestellten, sondern auch Mängel in den Arbeitsbedingungen und bei den Fahrzeugen selbst.

Vergangene Woche haben die Journalisten Sönke Iwersen und Michael Verfürden die Ergebnisse ihrer Recherche in einem Buch veröffentlicht. Im Interview mit t-online sprechen Iwersen und Verfürden über die zahlreichen Mängel bei Tesla, die Macht von Elon Musk und seine Verbindung zum US-Präsidenten Donald Trump.

t-online: Sie stellen in Ihrem Buch die Frage, ob Musk ein Irrer, ein Exzentriker oder das größte Genie unserer Zeit ist. Welche dieser der drei Beschreibungen trifft Ihrer Meinung nach gerade am besten auf ihn zu?

Sönke Iwersen: Elon Musk bleibt ein genialer Unternehmer. Wir erkennen seine Leistungen an: Er hat mit Anfang 20 seine ersten Unternehmen gegründet. Später hat er mit SpaceX die Raumfahrt und mit Tesla die gesamte Autobranche revolutioniert. Nichtsdestotrotz spricht er davon, dass die AfD die westliche Zivilisation retten soll oder dass Journalisten ins Gefängnis sollen, wenn sie seine Arbeit für Doge kritisieren. Natürlich klingt das irre, aber das ändert nichts an seinen Leistungen. Deshalb glaube ich, dass alle Beschreibungen gleichermaßen auf ihn zutreffen.

Sie beschreiben in Ihrem Buch riesige Datenlecks, fehlerhafte Teslas, mangelnden Arbeitsschutz in den Fabriken und wiederholte Ankündigungen von Musk, die er dann nicht einhält. Ist Musk am Ende weniger ein Genie, als vielmehr jemand, der nur so tut, als ob?

Michael Verfürden: Musk ist ein wahnsinnig guter Unternehmer, aber er ist noch ein viel besserer Verkäufer. Es bleibt beeindruckend, wenn man eine Rakete in den Weltraum schießen kann. Aber Musk bleibt immer hinter seinen eigenen Ankündigungen zurück. Er wollte schon längst Leute auf dem Mars haben, aber da sind sie noch immer nicht. Sein Autopilot sollte schon vor Jahren Passagiere völlig selbstständig transportieren. Anspruch und Wirklichkeit passen bei Musk nicht zusammen.

Sönke Iwersen leitet das Investigativ-Ressort beim Handelsblatt. Unter anderem hat er 2011 die Ergo-Budapest-Affäre aufgedeckt, wurde als Wirtschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet und ist verantwortlich für den Podcast „Handelsblatt Crime“.
Michael Verfürden arbeitet seit 2020 als Investigativ-Redakteur für das Handelsblatt und unterrichtet an der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten Recherchemethoden im Cyberspace.
Ihr gemeinsames Buch „Die Tesla-Files: Enthüllungen aus dem Reich von Elon Musk“ ist beim Verlag C.H. Beck erschienen.

Ihr Buch beginnt damit, dass Ihnen 2022 ein ehemaliger Tesla-Mitarbeiter persönliche Daten zu tausenden ehemaligen Kollegen weltweit schickt, die er ohne Probleme einsehen und kopieren konnte. Konnten Sie herausfinden, ob Tesla seitdem etwas an seinen Sicherheitsbestimmungen verbessert hat?

Iwersen: Wir haben in den Daten Hinweise gefunden, dass Leute schon vor Jahren auf diese Lücken hingewiesen haben. Trotzdem änderte sich nichts. Später wurde der Verantwortliche, der das entsprechende Programm betreut hat, rausgeworfen. Tesla hat inzwischen nachgebessert und angekündigt, die Zugriffsrechte auf Wunsch der Rechtsabteilung besser zu kontrollieren.

Sie fanden in den Daten sensible Informationen, etwa die Adressen, Telefonnummern und Gehälter der Mitarbeiter.

Iwersen: Wir haben im Februar 2023 damit begonnen, rund 200 Mitarbeiter auf Grundlage der Daten anzurufen: Wir haben erklärt, dass wir etwa wissen, seit wann sie bei Tesla arbeiten und wie viel sie genau im vergangenen Jahr dort verdient haben. Die meisten Mitarbeiter haben dann aufgelegt. Manche haben sich dann aber bei Tesla darüber beschwert, dass ein Journalist aus Düsseldorf mehr wusste, als sie vielleicht selbst Freunden verraten würden.

Wie hat Tesla darauf reagiert?

Iwersen: Es gab eine interne Untersuchung, bei der Tesla ehemalige Leute vom FBI und der CIA einsetzte. Die gehörten bei Tesla zum Personal. Eigentlich hätte Tesla aber auch innerhalb kürzester Zeit die Behörden über ein solches Datenleck informieren müssen. Tatsächlich passierte das erst Monate später. Die Mitarbeiter selbst wurden noch später informiert. Tesla hat ihnen eine einjährige Mitgliedschaft bei einem Programm geschenkt, das Nutzern helfen soll, wenn persönliche Daten geleakt wurden.

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