Zoll darf „Eventin“ vor Rügen nicht einziehen

Bizarrer Fall vor Rügens Küste

Putins Schattenflotte: Zoll darf Tanker „Eventin“ nicht einziehen

11.12.2025 – 11:17 UhrLesedauer: 3 Min.

Die „Eventin“ ist zu Jahresbeginn in der Ostsee in Seenot geraten. (Archivbild) (Quelle: Maurizio Gambarini/imago)

Nach einer Havarie liegt die „Eventin“ seit Januar vor Rügens Küste. Die Justiz sieht die Einziehung des Tankers von Putins Schattenflotte kritisch. Die Gründe.

Der Zoll darf den als Schiff der russischen Schattenflotte gelisteten Öltanker „Eventin“ samt Ladung vorläufig nicht einziehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht „begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einziehungsmaßnahmen“, wie das Gericht mitteilte. Das havarierte Schiff liegt seit fast einem Jahr vor Rügen und beschäftigt seither die deutsche Justiz.

Das oberste deutsche Finanzgericht bestätigte damit eine Entscheidung des Finanzgerichts Greifswald. Dieses hatte auf Antrag des Eigners Verfügungen zur Einziehung und Verwertung ausgesetzt. Gegen die Entscheidung des Greifswalder Gerichts hatte das Hauptzollamt Stralsund (HZA) Beschwerde beim BFH eingelegt.

Seither tobt eine juristische Schlacht vor deutschen Gerichten. Der Zoll will das marode russische Schiff einziehen. Die Justiz hegt Bedenken. Denn die von der EU nach dem russischen Überfall auf die Ukraine verhängten Sanktionen greifen nicht, falls ein Schiff in Seenot ist. Es sei rechtlich unklar, ob der Tanker trotz EU-Sanktionsregeln nicht wegen einer für Notfälle geltenden Ausnahme samt Ladung in das EU-Gebiet ein- und auslaufen dürfe, urteilte der Bundesfinanzhof. Demnach greift das Völkerrecht, nach dem in Notfällen die Einfahrt in einen Hafen gestattet wird.

Die EU zählt das rund 20 Jahre alte und mit rund 100.000 Tonnen Öl beladene Schiff zur sogenannten Schattenflotte, mit der Russland Sanktionen umgeht. Erst am Dienstag hatten Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ belegt, dass russische Schiffe in der Ostsee gezielt die GPS-Ortung ausschalten, um für europäische Küstenbehörden vom Radar zu verschwinden. Mit erheblichen Risiken für die Schifffahrt, auch in der Ostsee.

Auf dieser Liste von Schiffen, die nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen und auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden dürfen, stehen inzwischen mehr als 550 Schiffe.

Der Eigner der „Eventin“, die Laliya Shipping Corp. mit Sitz auf den Marshallinseln, hat vor dem Gericht der EU gegen die Listung geklagt, die erst nach der Havarie erfolgt war. Als Grund gibt die Klägerin an, das Schiff habe „zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sanktionierte Ölprodukte in die Europäische Union zu transportieren.“

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