Ein umgebauter Gefangenentransporter hat ganz nah am AfD-Bundesparteitag geparkt. Stundenlang beschallte ein Künstlerkollektiv die ganze Innenstadt.
Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Riesa gegen den AfD-Parteitag. Dutzende Lautsprecherwagen rollten durch die Innenstadt. Doch ein Geräusch übertönt all das: ein ohrenbetäubendes Sirenengeheul, das fast pausenlos in der gesamten Innenstadt zu hören war. Verantwortlich dafür war das „Zentrum für Politische Schönheit“.
Mit einer Spendenkampagne sammelte die Gruppe mehr als 225.000 Euro, um die AfD im Wahlkampf zu stören. Ein Teil des Geldes floss in den Umbau eines ehemaligen Gefangenentransporters. Die imposanten Druckkammerlautsprecher ließen sie gleich drauf – daher das ohrenbetäubende Signal. Ein Geräusch, das sonst eigentlich nur bei Katastrophenwarnungen zum Einsatz kommt. „Wir warnen auch vor einer Katastrophe – vor der Katastrophe des Faschismus“, rechtfertigt ein Sprecher vom Zentrum für Politische Schönheit die Aktion.
Nach einer Premiere am Brandenburger Tor kam der Bus am Samstag das erste Mal beim Bundesparteitag der AfD zum Einsatz. Das Bündnis hatte direkt vor der Halle des Parteitages geparkt, eine Panne fingiert und die ganze Stadt stundenlang beschallt. „Unsere Mission ist es, den AfD-Parteitag zu stören. Es ist nicht hinnehmbar, dass die AfD ihren Parteitag abhalten kann, nur weil sie sich hinter einem massiven Polizeischutz verstecken darf“, so der Sprecher weiter.
Im Inneren des Busses lagert ein quadratmetergroßer Aktenschrank. Er enthält verfassungsfeindliche Aussagen von AfD-Spitzenpolitikern – von Holocaustrelativierungen über antisemitische Äußerungen bis hin zu Aufrufen zu gewalttätigen Umstürzen. Inhalte daraus wollen die Aktivisten per Lautsprecher verbreiten oder als Zitate an Häuserwände projizieren.
Im Gegensatz zu vielen Abgeordneten anderer Parteien, die weiterhin auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD setzen, hält das „Zentrum für Politische Schönheit“ diesen Ansatz für aussichtslos. Stattdessen wollen die Aktivisten Politiker wie Friedrich Merz direkt mit den gesammelten Beweisen für die Verfassungsfeindlichkeit der Partei konfrontieren. Der umgebaute Bus trägt deshalb den Namen „Adenauer SRP+“ – in Anlehnung an den CDU-Kanzler, unter dem die Sozialistische Reichspartei verboten wurde.
In der Halle des Parteitages in Riesa war die ohrenbetäubende Lautsprecheranlage allerdings gar nicht zu hören. Dafür überall sonst im angrenzenden Stadtgebiet. Die nächste Stadt, die kollektiv beschallt werden soll, ist Chemnitz – am 18. Januar zur offiziellen Eröffnungsfeier der Kulturhauptstadt 2025. Bis zur Bundestagswahl werde der Bus in der gesamten Bundesrepublik unterwegs sein – soll zum Wahlkampfendspurt sogar fast täglich eingesetzt werden.