Die Wohnungsnot in Deutschland hat das Potenzial, die Gesellschaft zu spalten, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch. Warum deshalb die Mietpreisbremse nicht mehr für Reiche gelten sollte und wo er dieses Jahr doch noch Wohnungen bauen will.

Er leitet Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen und kämpft wie kaum ein anderer mit der Krise am Immobilienmarkt: Wegen der gefallenen Häuserpreise musste Vonovia-Chef Rolf Buch im vergangenen Jahr einen Milliardenverlust verbuchen. Zudem hat sein Unternehmen den so dringend benötigten Bau neuer Wohnungen gestoppt, weil die Kaltmiete, die er zur Finanzierung aufrufen müsste, zu hoch wäre, als dass sie sich genügend Mieter leisten können.

t-online hat Buch im Berliner Newsroom zum Interview getroffen. Im Gespräch erzählt Buch von teils skurrilen Blüten der Wohnungsnot in Deutschland und erklärt, was die Politik tun kann, um für mehr Neubau zu sorgen.

t-online: Herr Buch, 2023 war für Vonovia ein Seuchenjahr. Wie oft haben Sie gedacht: „So, jetzt reicht’s, ich schmeiße hin“?

Rolf Buch: Ehrlich gesagt, kein einziges Mal. 2023 haben wir das umgesetzt, was sich bereits mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 angekündigt hatte. Die Zinsen sind in einer nie dagewesenen Dynamik angestiegen und wir haben sehr konsequent auf die Sicherung unserer Liquidität geachtet und entsprechende Maßnahmen ergriffen, auch schmerzhafte. Es gab für uns alle sehr viel zu tun.

Insgesamt haben Sie 6,8 Milliarden Euro Miese gemacht.

Das haben wir Anfang des vergangenen Jahres in dieser Größenordnung in der Tat nicht kommen sehen. 20 Prozent Bruttowertverlust, netto 14 Prozent unserer Bilanzsumme: Das war schon für die gesamte Branche heftig. Uns war allen klar, dass es einen Werteverfall bei den Immobilien geben würde. Aber nicht in dieser Ausprägung. Jahrelang haben wir Buchgewinne gesehen, jetzt haben wir Buchverluste. Aber diese 14 Prozent netto sind ja nicht weg. Es sind Verluste auf dem Papier. Denn unser Kerngeschäft Vermietung ist kerngesund.

Dennoch: Wie fühlt sich das an, wie viele Nächte haben Sie deshalb wach gelegen?

Das war aufreibend, auch emotional war es anstrengend. Natürlich hat mich das sehr beschäftigt. Aber wir als Management insgesamt haben unternehmerische Verantwortung gesehen. Die wir, wie ich finde, am Ende doch recht gut gemeistert haben. Anfang des Jahres haben wir versprochen, 2 Milliarden Euro durch Immobilienverkäufe einzunehmen, erreicht haben wir dann 4 Milliarden Euro.

Eine Belastung für Ihr Unternehmen dürfte dabei auch die Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen gewesen sein, den Sie 2021 geschluckt haben. Würden Sie das mit dem Wissen von heute noch einmal so machen?

Man geht immer schlauer aus der Krise raus als rein. Der Ukraine-Krieg, Inflation und Zinsanstieg und die Abwertung der Immobilien waren so nicht vorhersehbar. Sicherlich hätten wir die Transaktion mit dem Wissen von heute etwas anders strukturiert. Vermutlich hätten wir mehr Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung eingebracht und weniger Schulden für den Kauf aufgenommen, die uns jetzt belasten. Der Zusammenschluss mit der Deutsche Wohnen war aber richtig und unterstützt unsere Strategie.

Sie haben vergangenes Jahr den Bau von 60.000 neuen Wohnungen vorerst gestoppt. Wann werden Sie die bauen?

Diese Zahl muss ich erläutern: Vonovia besitzt Grundstücke, die insgesamt so groß sind, dass darauf potenziell 60.000 Wohnungen entstehen könnten. Das heißt aber nicht, dass wir immer schon Baugenehmigungen hätten oder dass wir den bereits begonnenen Bau von Häusern gestoppt hätten, im Gegenteil: Wir haben alle angefangenen Baustellen erfolgreich abgeschlossen, insgesamt 2.400.

Und wann starten Sie den Neubau wieder?

Wir werden auch dieses Jahr Bauprojekte in ähnlicher Größenordnung fertigstellen. Wie andere Wohnungsunternehmen auch fangen wir dann wieder an zu bauen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.



Wir sehen vom Neubau so lange ab, bis die Bedingungen besser sind.


Rolf Buch


Wo werden diese Wohnungen entstehen?

Natürlich ist Neubau eher in Städten und Lagen realistisch, wo schon heute höhere Mieten um die 20 Euro pro Quadratmeter normaler sind. Denn das muss man heutzutage mit dem Neubau einnehmen – sonst lohnt sich das nicht. Das ist zum Beispiel in Süddeutschland eher der Fall als etwa in Berlin.

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