Reformstau in Deutschland
Wirtschaftsweise Grimm rechnet mit Merz und Klingbeil ab
09.12.2025 – 11:11 UhrLesedauer: 2 Min.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm rechnet mit der Bundesregierung ab. Die aktuelle Lage sei brenzliger als unter Kanzler Gerhard Schröder.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat die Renten- und Finanzpolitik der Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) als sozial ungerecht kritisiert und vor einem Arbeitsplatzabbau in Deutschland gewarnt. „Die Bundesregierung treibt eine Politik auf Kosten der kleinen Leute voran, die das Land an den Abgrund manövriert“, sagte Grimm am Dienstag der „Augsburger Allgemeinen“.
„Schon 2029 sind wir in einer Situation, in der allein die Sozialausgaben, Zinslasten und die Verteidigungsausgaben die gesamten prognostizierten Einnahmen des Staates aufbrauchen“, fuhr Grimm fort. Der Wirtschaft sei klar, dass deutliche Steuererhöhungen in Deutschland drohten, weshalb viele Unternehmen Standortverlagerungen ins Ausland prüften.
Die Ökonomin äußerte scharfe Kritik an den rentenpolitischen Beschlüssen der Bundesregierung, das Rentenniveau bis 2031 festzuschreiben und die Mütterrente auszuweiten. „Das Rentenpaket ist ein fatales Signal“, sagte Grimm. „Aktuell geben wir schon 33 Prozent des Haushalts als Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung, der Bundeszuschuss würde auch ohne das Rentenpaket steigen – nun steigt er noch stärker und nimmt dem Staat die Handlungsspielräume.“
Das in der Vorwoche im Bundestag verabschiedete Rentenpaket treibe zudem die Beiträge zur Rentenversicherung hoch und verteuere die Arbeit zulasten der deutschen Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumschancen. „Ich befürchte deshalb, dass wir zunehmend eine Abwanderung von Unternehmen sehen“, sagte Grimm. Die werde insbesondere die Normalverdiener in Deutschland treffen, während hochqualifizierte junge Fachkräfte ebenfalls ins Ausland abzuwandern drohten.
Um dies zu verhindern, seien harte Reformen nötig. Doch diese seien für die jetzige Koalition noch schwieriger als für frühere Bundesregierungen. „Im Vergleich zu heute hatte es Kanzler Gerhard Schröder zu Zeiten der Agenda 2010 leicht“, sagte Grimm. „Er musste nur die Wirtschaft wettbewerbsfähig machen, die Produkte waren ja gut“, sagte sie. „Heute haben wir die schwierige Aufgabe, uns zusätzlich bei der Umsetzung von technologischen Entwicklungen in Wertschöpfung erst wieder an die Spitze setzen zu müssen.“
Deutschland habe aufgrund seiner früheren industriellen Erfolge und politischer Bedenken zu wenig auf Innovation im Hochtechnologiebereich gesetzt. „Ob Gentechnik, Künstliche Intelligenz oder Nukleartechnik, man hatte überall Vorbehalte“, sagte Grimm.
Inzwischen wachse jedoch in der Industrie massiv die Konkurrenz aus China, das technologisch massiv aufgeholt habe. „Wir müssen uns wieder an die Spitze von technologischen Entwicklungen setzen, müssten eigentlich vor die Welle kommen“, forderte Grimm.
