“Mit Verboten allein funktioniert die Wärmewende nicht” – Vaillant-Chef mit klarem Statement

Für Vaillant ist die Wärmepumpe ein großes Geschäft. Dennoch hält Firmenchef Tillmann von Schroeter einen späteren Start des Gasheizungsverbots für richtig.

Die Wärmepumpe ist auf dem Vormarsch, die Gasheizung gehört schon bald zum alten Eisen. Mit viel Druck treibt die Ampelregierung gerade die Wärmewende voran – und verunsichert damit viele Hauseigentümer, die horrende Kosten bei der Umrüstung fürchten.

Doch nicht alle leiden unter dem Vorhaben, es gibt auch Profiteure. Einer von ihnen ist Tillmann von Schroeter, Deutschland-Chef der Firma Vaillant. Diese zählt neben Viessmann zu den größten Heizungsherstellern des Landes und setzt bereits seit mehreren Jahren voll auf die Wärmepumpen-Technik. Im Interview mit t-online erklärt von Schroeter, wann sich die Wärmepumpe rechnet, was er von der Politik erwartet und worauf Hauseigentümer jetzt achten sollten.

t-online: Herr von Schroeter, warum ist die Wärmepumpe in Deutschland so unbeliebt?

Tillmann von Schroeter: Mein Eindruck ist: Die Wärmepumpe ist sehr beliebt. Dass sie aktuell trotzdem in der Kritik steht, liegt nicht an der Technik, sondern wohl eher daran, dass sie ein Symbol ist. Sie steht für eine sehr abrupte Veränderung.

Nötig wird diese Veränderung, weil Deutschland zu lange auf billiges Gas aus Russland gesetzt hat. Haben wir die Wärmewende verschlafen?

Im Neubau kommen Wärmepumpen bereits seit 2007 im großen Stil zum Einsatz, da sind wir gut unterwegs. Bei der Sanierung alter Häuser aber haben wir uns als Land tatsächlich etwas schwergetan. Hier müssen wir jetzt Tempo machen, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.

Vaillant-Deutschland-Chef Tillmann von Schroeter: “2022 hat sich die Nachfrage nach Wärmepumpen mehr als vervierfacht.” (Quelle: FUENF6/Joachim Stretz)

Die Ampelregierung tritt gerade wieder auf die Bremse. Selbst die Grünen können sich inzwischen vorstellen, das faktische Gasheizungsverbot von 2024 auf 2025 zu verschieben. Wie finden Sie das?

Ich denke, das verschafft vielen Menschen erst einmal Luft. Und das ist auch gut so, damit sie Zeit haben, sich umfassend zu informieren und gute Entscheidungen treffen können. Mit Verboten allein, zumal wenn sie so schnell greifen, funktioniert die Wärmewende nicht. Wir müssen die Menschen von der Wärmewende überzeugen, sie dabei mitnehmen, und wir dürfen sie nicht überfordern.

Und wie kann das gelingen?

Dafür müssen wir nur einmal aufs vergangene Jahr schauen. 2022 hat sich die Nachfrage nach Wärmepumpen mehr als vervierfacht.

Was vor allem an den extrem hohen Gaspreisen gelegen hat. Die sind jetzt aber wieder deutlich gefallen.

Richtig. Und genau da liegt der Schlüssel. Die Wärmepumpe muss sich rechnen. Strom, den Sie für die Wärmepumpe brauchen, darf nicht zu teuer sein. Konkret: Erst wenn Strom im Vergleich zu Erdgas nicht mehr als das Zweieinhalbfache kostet, können Hauseigentümer mit der Wärmepumpe langfristig Geld sparen.

Das heißt, der Gaspreis muss rauf – oder der Strompreis muss runter. Wie soll der Staat das anstellen?

Die Bundesregierung hat Anfang April den Strompreis für Wärmepumpen auf 28 Cent pro Kilowattstunde gesenkt. Das trägt erheblich zu einem wirtschaftlichen Einsatz von Wärmepumpen bei. Zudem sollte die Politik erklären, dass Gas künftig mehr kostet. Denn gerade denken viele Menschen noch: So günstig wie Gas jetzt wieder ist, bleibt es bestimmt auch in Zukunft. Das ist ein Trugschluss. Spätestens 2027, wenn für das Heizen ein steigender europäischer CO2-Preis gilt, wird es teuer.

Geht es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck, sollen künftig 500.000 Wärmepumpen pro Jahr verbaut werden. Ist das zu schaffen?

Das müssen Sie jetzt sagen.

Ich kann es mit gutem Gewissen sagen. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl eingebauter Wärmepumpen verzwanzigfacht. Die Kapazitäten in der Produktion sind da, auch die Handwerker können das mittelfristig stemmen. Wenn dann noch die politischen Rahmenbedingungen stimmen, kann es in diesem Tempo weitergehen. Dann schaffen wir das.

Kritiker sind da skeptischer. In vielen Häusern ließe sich die Technik gar nicht verbauen. Was sagen Sie dazu?

Bei der klassischen Gründerzeitvilla, in der während der gesamten Lebenszeit des Gebäudes keine Maßnahmen zur energetischen Sanierung stattgefunden haben, mag das stimmen. Das Gros der Immobilien aber ist wärmepumpentauglich. Wir schätzen, dass sie sich in rund 70 Prozent der bestehenden Immobilien einbauen lässt – ohne größere Umbauten am Gebäude.

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