Die Klimakrise eskaliert – und die fossilen Konzerne gießen weiter Öl ins Feuer

Die Emissionen aus Öl, Gas und Kohle sind Haupttreiber der Klimakrise. Die Großkonzerne wissen das. Statt auf grünen Umbau setzen sie jedoch auf Greenwashing.

Vier Billionen Dollar: eine Zahl mit zwölf Nullen, eine kaum vorstellbare Menge Geld. So hoch lagen die Gewinne der globalen Öl- und Gasindustrie im vergangenen Jahr. Trotz, beziehungsweise gerade wegen der Energiekrise – und auf Kosten des Klimas. Denn gleichzeitig erreichten die CO2-Emissionen aus der Energieerzeugung ebenfalls einen globalen Höchststand.

Eben jene Emissionen aus der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle sind der Haupttreiber der Klimakrise. Mit Unternehmen wie Shell, ExxonMobil, TotalEnergies und BP schraubten jedoch in den vergangenen Monaten eben jene Konzerne, die einen Großteil der Emissionen verursachen, ihre Klimaschutzziele zurück.

Statt in die grüne Transformation investieren sie weiterhin verstärkt in langfristige Öl- und Gasprojekte – obwohl die Klimakrise eskaliert, immer extremeres Extremwetter, immer heftigere Hitzewellen, immer massivere Waldbrände das Leben von Millionen Menschen gefährden. Und obwohl sie vorgeben, dem Klimaschutz verpflichtet zu sein.

Geschäftsmodell Klimakiller

“Carbon Majors” (zu Deutsch etwa “Kohlenstoff-Giganten”) werden die größten CO2-Produzenten auch genannt. Schon 2017 kam die Non-profit-Organisation Carbon Disclosure Project zu dem Ergebnis, dass die Top 100 von ihnen seit 1988 – dem Jahr, in dem der Weltklimarat der Vereinten Nationen etabliert wurde – mehr als 70 Prozent aller fossilen Treibhausgase verursacht hat. Die Hälfte geht zurück auf nur 25 Unternehmen – darunter auch die genannten vier Konzerne.

Ihr Geschäftsmodell steht in krassem Gegensatz zur Klimakrise – noch immer. Zwei Beispiele:

Shell-CEO: Abkehr von Öl und Gas “unverantwortlich”

Shell kündigte noch vor wenigen Jahren an, bis 2030 die Ölförderung um 20 Prozent zurückzufahren. Im Juni erklärte CEO Wael Sawan allerdings vor Investoren an der New Yorker Börse, dieses Klimaschutz-Ziel bereits erreicht zu haben. Der Haken: Das geschah durch den Verkauf von Anteilen an einem texanischen Ölfeld an den US-Konkurrenten ConocoPhillips. Damit ist zwar der Bilanz der Briten, nicht aber dem Klima geholfen.

Mit Öl und Gas plane man nach wie vor auch langfristig, sagte der CEO weiter. In einem BBC-Interview, das ausgerechnet am 6. Juli, dem heißesten je aufgezeichneten Tag erschien, erklärte er: Die fossile Produktion zurückzufahren, sei “gefährlich und unverantwortlich”. Seine Begründung: Die Lebenshaltungskosten könnten in Folge “in die Höhe schießen”.

Dabei kommen Experten, zum Beispiel die der Europäischen Zentralbank, zu dem Schluss: Der Wandel von fossiler zu grüner Energie könnte nicht nur dem Klima nützen, sondern auch dem Geldbeutel der Verbraucher. Es kommt vor allem auf das politische Management an.

Konzern priorisiert hohe Renditen

Die Preiskrise im vergangenen Jahr hingegen wurde ausgelöst durch die fossile Abhängigkeit von Russland. Infolge der Sanktionen schossen die Preise für Öl und Gas in die Höhe – und das kam Shell zugute: Der Konzern konnte seine Profite im vergangenen Jahr dank Übergewinnen auf knapp 40 Milliarden Dollar verdoppeln – Rekord in der 115-jährigen Firmengeschichte.

In den Ausbau der klimafreundlichen Energien werden diese unverhofften Gelder allerdings nicht fließen. Shell gab bereits im Februar bekannt, dass die Investments in kohlenstoffarme Energien in diesem Jahr nicht weiter steigen sollen. Die Aktionäre hätten hohe Renditen verdient, sagte Sawan damals zur Begründung. Wenn man keine zweistelligen Renditen erreichen könne, müsse man das betreffende Geschäft infrage stellen. “Wir wollen auf jeden Fall nach weniger und weniger Kohlenstoff streben”, so der Konzernchef in einer Konferenzschaltung, “aber es muss profitabel sein.”

Total-CEO: Ohne Öl und Gas “wird unser Leben ein Alptraum sein”

Ähnlich äußerte sich Patrick Pouyanne, CEO von TotalEnergies, im Juni in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNBC. Man wolle klimafreundlichere Energie fördern. Aber er müsse Rücksicht auf die Aktionäre nehmen, erklärte der Chef des französischen Unternehmens: “Der Punkt ist, dass wir eine Strategie haben, die unseren Aktionären gegenüber offen ist – übrigens, wenn ich auf die meisten meiner Aktionäre höre, würde ich mehr Öl und Gas und vielleicht weniger Grün machen.”

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